Gesundheitsdaten gegen Reisegutschein

Erste Versicherung will elektronisch überwachtes Gesundheitsverhalten belohnen. Verbraucherschützer warnen vor Überwachung und Entsolidarisierung

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Von Wolfgang Mulke

21. Nov. 2014 –

Mit der richtigen App auf dem Smartphone und einem so genannten „Wearable“, das wie eine Armbanduhr aussieht und Körperdaten messen kann, könnten Kunden der Kölner Versicherung Generali ab dem kommenden Jahr Reisegutscheine oder den freien Eintritt ins Fitnessstudio bekommen. Die Versicherten müssen sich gesundheitlich vorbildlich verhalten. Dafür gibt es Punkte, die sich in Prämien verwandeln lassen. Und sie müssen ihr Verhalten elektronisch überprüfen lassen. "2015 bieten wir dies in Deutschland an", sagt Sprecherin Silvia Lorger-Michel. Der genaue Zeitpunkt stehe noch nicht fest.

 

In Südafrika wird dieses Bonussystem bereits seit Jahren angeboten. Generali kooperiert dafür auch mit dem Unternehmen Discovery, das am Kap bereits seit 1992 damit operiert. Dessen Programm heißt „Vitality“ und ist ein Versicherungsmodell, das Menschen zu gesundheitsbewusstem Verhalten anregen soll. Im Zentrum unserer Vision steht der aktive Schutz sowie die Verbesserung der Lebensbedingungen unsere Kunden“, versichert der Vorstandsvorsitzende der Generali Gruppe, Mario Greco. Weltweit haben sich nach Unternehmensangaben bereits 5,5 Millionen Menschen für das Programm angemeldet.

 

Der Inhalt des Generali-Programms und dessen konkrete Ausgestaltung, wie zum Beispiel der Umgang mit den Daten der Versicherten, stehen noch nicht fest. Die Ziele sind nebulös formuliert. Gesundheitsbewusstes Verhalten wird belohnt, das Unternehmen hält regelmäßig Kontakt zu seinen Kunden, motiviert sie zu gesünderen Lebensgewohnheiten und will ein neues Verhältnis zwischen Versicherer und Kunden schaffen.

 

Verbraucherschützer sind dagegen skeptisch. „wir wissen nicht, ob solcher Programme überhaupt etwas bewirken“, sagt die Gesundheitsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Ilona Köster-Steinebach. Sie sieht gleich einen ganzen Strauß an Kritikpunkten. Einer der wichtigsten ist der Datenschutz. „Kein System ist hundertprozentig sicher vor einem Dateneinbruch“, befürchtet die Expertin. Und ein nicht so gesundes Leben könnte andere Versicherungen wie Policen zur Absicherung des Todesfalls oder der Berufsunfähigkeit verteuern.

 

Nachteile könnte es laut vzbv auch für die anderen Versicherten geben. Denn auf lange Sicht würden die Tarife für die Kunden teurer, die nicht an solchen Programmen teilnehmen. Gerade sozial Schwache wären dann womöglich gezwungen, eine bestimmte Lebensweise zu übernehmen, weil sie sich andere Tarife gar nicht leisten könnten. Schließlich wären auch nicht alle vermeintlich gesunden Gewohnheiten immer hilfreich. „Wenn ich krank bin und trotzdem Sport treibe“, erklärt Köster-Steinebach, „tue ich meinem Körper auch nichts Gutes.“

 

Bei einigen gesetzlichen Krankenkassen werden auch Bonusmodelle diskutiert. Zumindest beim Datenschutz würden sie wohl einen unabhängigen Dienstleister zwischen Kassen und Mitglied schalten. Bonusprogramme gibt es dort schon lange, zum Beispiel Entspannungs- oder Fitnesskurse. Da müssen sich die Versicherten ganz altmodisch schriftlich die Teilnahme bestätigen lassen. Einen wichtigen Vorteil für die Verbraucher hat die gesetzliche Krankenversicherung. Selbst wenn sie den privaten Versicherungen in diesem Punkt nacheifert, bleibt es doch beim Solidarprinzip. Digital kontrollierte Bonusprogramme würden für ungesund lebende Mitglieder keine Beitragssteigerungen mit sich bringen.

 

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