Goliath hat Recht

Kommentar von Hannes Koch

Teilen!

Von Hannes Koch

11. Mai. 2009 –

Als David im Kampf gegen den Goliath Deutschland inszeniert sich Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker. „Wir waren schon einmal besetzt“, sagt Juncker in Anspielung auf den Einmarsch der Wehrmacht vor 69 Jahren – und wehrt sich damit gegen den aktuellen Vorwurf des großen Nachbarn, das kleine Luxemburg unterstütze die Steuerhinterziehung. Während in der biblischen Geschichte David das Prinzip des Guten vertritt, ist es im wahren Leben jedoch manchmal umgekehrt.


Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der unter anderem die Schweiz und Luxemburg als Steueroasen attackiert, ist intelligent und rüde. Mit der Arroganz des Schnelldenkers findet er immer neue beleidigende Vergleiche. Kürzlich stellte er das mitteleuropäische Großherzogtum Luxemburg bezüglich seiner Rechtsstaatlichkeit auf eine Stufe mit dem Entwicklungsland Burkina Faso. Das muss nicht sein. Aber in der Sache hat Steinbrück Recht. Mit Unschuldsmiene bereichern sich Staaten wie die Schweiz und Luxemburg auf Kosten der großen Nachbarn.


Der Schaden lässt sich nur schätzen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass deutschen Finanzämtern 20 Milliarden Euro pro Jahr fehlen, weil Steuerflucht-Staaten die Konten von Ausländern geheimhalten. Die relative öffentliche Armut in Deutschland ist auch eine Folge von Steuerhinterziehung – weniger Steuern, weniger Lehrer. Umgekehrt basiert der Reichtum von Steueroasen gerade darauf, dass sie Hunderte Milliarden Schwarzgeld beherbergen. Warum sonst könnte es sich die Schweiz leisten, jeden Liftmast in Davos mit Blattgold zu überziehen?


Früher mag sich auch Deutschland ähnlich verhalten haben. Darauf hat Juncker hingewiesen, und damit hat er Recht. Aber die Zeiten ändern sich. Die Steueroasen stehen unter Druck, auch Luxemburg muss sich anpassen. Die Rollen haben gewechselt: Jetzt ist Goliath der Gute.

« Zurück | Nachrichten »