Grüne Geldanlagen werden zum Wachstumsmotor

Auch die Sparer in Deutschland wollen mit ihrem Vermögen zunehmend Gutes bewirken. Das Angebot an nachhaltigen Investments nimmt zu.

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Von Wolfgang Mulke

30. Sep. 2020 –

Leuchtend orangene Elektroroller stehen in Berlin an vielen Ecken und warten auf neue Fahrer. Per App leiht sich die Kundschaft die Mopeds für eine kurze Tour aus. Von der noch jungen Sharing-Mobilität erhofft sich der Verleiher Emmy einen Wachstumsmarkt. Neue Städte sollen erschlossen, die Fahrzeugflotte ausgebaut werden. Zumindest waren das vor Corona die ambitionierten Pläne des Unternehmens. Das Kapital für das Wachstum steuern private Investoren bei. Zwischen 1.000 und 10.000 Euro bringen sie auf. Wenn es gut läuft, verzinst sich ihre Anlage am Ende der Laufzeit mit 35 Prozent und mehr.

Angebote wie diese gibt es auf dem freien Kapitalmarkt wie Sand am Meer. Da wird Geld für Biobauern gesucht, für Windparks und Solarfabriken, Holzplantagen oder Entwicklungsprojekte. Eines eint all diese Direktinvestments in nachhaltige Projekte. Sie locken zwar mit einer hohen Rendite. Doch der Ertrag ist alles andere als gewiss. Denn in der Regel handelt es sich um Nachrangdarlehen oder geschlossene Fonds. Geht die jeweilige Geschäftsidee nicht auf, droht schlimmstenfalls ein Totalverlust der Ersparnisse.

Doch diese Formen des Crowdfundings über Internetplattformen ist nur der exotische Spross eines rasant wachsenden Marktes für nachhaltige Geldanlagen. Immer mehr Sparer haben die Nase von der konventionellen Finanzbranche voll. Sie wollen, dass mit ihrem Geld saubere Geschäfte finanziert werden. Und dafür gibt es inzwischen auch im normalen Bankensystem viele Angebote. Die Wachstumskurve verläuft steil nach oben.

Nach Angaben des Forums Nachhaltigen Geldanlagen (FNG) haben Sparer in Deutschland nachhaltige Geldanlagen entdeckt. Steckten 2017 erst 8,5 Milliarden Euro in nachhaltigen Fonds, waren es 2018 bereits 9,4 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr hat sich das Anlagevolumen schon auf 18,3 Milliarden Euro fast verdoppelt. Insgesamt 269,3 Milliarden Euro waren in Deutschland 2019 in nachhaltigen Geldanlagen angelegt. Im Vergleich zum gesamten Geldvermögen der Deutschen ist das noch sehr wenig. Der Marktanteil nachhaltiger Fonds liegt erst bei fünf Prozent.

Ein Problem ist immer noch ein fehlender einheitlichen Standard für nachhaltige Geldanlagen. Grundsätzlich versteht die Finanzbranche darunter die Einhaltung der ESG-Kriterien. Die Abkürzung steht für Environmental, Social, Governance. Es geht zusammengefasst um Umwelt- und Klimaschutz, sozial faire Bedingungen und eine gute Unternehmensführung. Auf dieser Basis entwickeln die Anbieter von nachhaltigen Geldanlagen und darauf spezialisierte Rating-Agenturen konkrete Anforderungen an ihre Investments. Dabei kann ein Raster von mehr als 100 Einzelpunkten zusammenkommen.

Die Verbraucherzeitschrift „Finanztest“ hat die wichtigsten Ausschlusskriterien bei den Fondsgesellschaften erfragt. Danach gehören Geschäfte mit fossilen Energien, insbesondere die Kohleverstromung zu den häufigsten Tabuthemen. Auch Atomkraft, die Rüstungsproduktion, Umweltzerstörung, Verstöße gegen Menschen- und Arbeitsrechte, Korruption sowie Tabak, Pornografie und Glücksspiel stehen häufig auf der Ausschlussliste. Zwei weitere Ansätze kommen ebenfalls zur Anwendung. Beim so genannten „Best-in-Class“-Prinzip investieren Banken oder Fondsgesellschaften in Unternehmen, die in ihrem Segment führend sind oder zum Beispiel besonders gute Leistungen im Klimaschutz, im Sozialen oder in der Unternehmensführung erbringen. Mit „Engagement“ wieder machen die Vermögensverwalter ihren Einfluss als Kapitalgeber der Unternehmen geltend und drängen sie zu einer nachhaltigeren Wirtschaftsweise, etwa auf Hauptversammlungen oder im direkten Gespräch mit den Vorständen.

Die Profis, also institutionelle Anleger wie Pensionsfonds oder Versicherungen, sowie kirchliche Einrichtungen sind die einen Treiber der Entwicklung. Selbst der größte Vermögensverwalter der Welt, BlackRock aus den USA, erwartet eine Transformation der Wirtschaft hin zu den ESG-Kriterien. Die Argumente der Profis sind rational. Nachhaltige Unternehmen sind weniger anfällig für Krisen und werden von den notwendigen Klimaschutzmaßnahmen profitieren. Tatsächlich schnitten nachhaltige Fonds in den letzten großen Krisen besser ab als konventionelle.

Der zweite Treiber sind das knappe Dutzend nachhaltiger Banken in Deutschland. Sie bieten von der Abwicklung des täglichen Zahlungsverkehrs bis zur Altersvorsorge alle üblichen Bankleistungen an, garantieren aber auch eine saubere Verwendung des Vermögens der Kunden. Da ist zum Beispiel die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS-Bank), deren Wurzeln in der Anthroposophie-Bewegung liegen. Die Kunden dort können bestimmen, ob ihre Einlagen als Kredit an Soziale Projekte, Erneuerbare Energien oder andere „gute“ Vorhaben vergeben werden. Auch hat das Institut einen nachhaltigen Welt-Aktienfonds aufgelegt. Ein unabhängiger Beirat prüft die Einhaltung der strengen Kriterien der Bank.

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