Grüne Woche auf Rekordkurs

Die Ernährungsbranche blickt skeptisch auf das neue Jahr. Russlandboykott und gute Ernten drücken die Erträge.

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

14. Jan. 2015 –

Berlins Messe-Chef Christian Göke kündigt eine Neuerung auf der 80. Grüne Woche in einem Tonfall an, als löse dies Zahnschmerzen aus. „Allergiker, Vegetarier und Veganer“ seien die Zielgröße zweier Sonderveranstaltungen am Rande der Landwirtschaftsmesse. Die Leistungsschau der Ernährungsbranche öffnet an diesem Freitag ihre Pforten. 400.000 Besucher erwarten die Veranstalter. Das Gelände unter dem Funkturm ist bis auf den letzten Quadratmeter ausgebucht. Fast 1.700 Aussteller aus 68 Ländern reisen an die Spree.

 

An großen politischen Themen mangelt es der Grünen Woche in diesem Jahr. Das Freihandelsabkommen mit den USA könnte eines sein. Aber noch ist offen, wie der Vertrag am Ende aussehen wird. Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) hofft auf eine Einigung zwischen beiden Partnern. „Wir brauchen ein solches Abkommen“, sagt der BVE-Chef Christoph Minhoff. Es müsse jedoch einen fairen Handel gewährleisten. Die Hersteller von Nahrungsmitteln erhoffen sich erhebliche Wachstumschancen. Denn deutsche Wurst und Käse sind in Übersee beliebt. Noch ist es mit einem erheblichen Aufwand verbunden, sie dort auch zu verkaufen. Das Abkommen könnte die Hemmnisse beseitigen.

 

Deutlich skeptischer zeigt sich die Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied. Die europäischen Standards der Ernährungswirtschaft müssten beibehalten werden. „Wir wollen nicht, dass Hormonfleisch auf deutschen Tellern ist“, warnt der DBV-Chef. Die Landwirte hierzulande könnte eine umfassende Marktöffnung unter Druck setzen, weil laxere Vorschriften, zum Beispiel in der Tierzucht, den US-Farmern eine billigere Produktion ermöglicht.

 

Guter Dinge sind beide Verbandsoberen derzeit nicht. Die Industrie klagt über einen starken Wettbewerbsdruck, stagnierende Preise und ein schwaches Exportgeschäft. Unter dem Strich gingen die Umsätze daher 2014 zurück. 173 Milliarden Euro nahmen die Unternehmen im vergangenen Jahr ein, ein Prozent weniger als 2013. Gute Ernten weltweit setzen auch die Bauern unter Druck. Mehr Sorge bereiten Rukwiek allerdings die Bürokratie und der Mindestlohn. „Ich weiß noch nicht, ob die Betriebe dies bewältigen können“, sagt der Bauernpräsident mit Blick auf die Spargel- und Erdbeerbetriebe.

 

« Zurück | Nachrichten »