„Gütesiegel für Unternehmen“

Ein Zertifikat für soziale und ökologisch vorbildliche Firmen fordert die grüne Verbraucherpolitikerin Nicole Maisch. Kritik an Ministerin Ilse Aigner

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Von Hannes Koch

12. Feb. 2009 –

Hannes Koch: Die neue Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherpolitik hat die ersten 100 Tage im Amt absolviert. Was hat CSU-Frau Ilse Aigner bisher geleistet?


Nicole Maisch: Sie hat eine Telefon-Hotline finanziert, um besorgten Kapitalanlegern Fragen zur Finanzkrise zu beantworten. Viel mehr ist verbraucherpolitisch nicht passiert.


Koch: Was sollte die Verbraucherministerin angesichts der Turbulenzen an den Finanzmärkten denn tun?


Maisch: Die Privatanleger sind bei den Banken oft falsch beraten worden. Deshalb müsste die Verjährungsfrist in den Fällen verlängert werden, bei denen sich Bankberater durch irreführende Informationen strafbar gemacht haben. Die so genannten Spezialisten kommen heute meist ungeschoren davon. Außerdem fordern wir, dass die Beratungsgespräche besser protokolliert werden. Nur so ließe sich der Bank eine schlechte Beratung später auch nachweisen.


Koch: Was nähmen Sie als erstes in Angriff, würden Sie zur Verbraucherministerin ernannt?


Maisch: Ich würde versuchen, den Verbrauchern zu ermöglichen, nachhaltiger zu konsumieren. Wir brauchen ein Gütesiegel für nachhaltige Unternehmenspolitik. Dann könnten die Kunden sich besser orientieren, welche Produkte sie auswählen wollen.


Koch: Das Fairtrade-Siegel, das eine besondere soziale und ökologische Qualität belegt, existiert heute schon. Würde ein weiteres Zertifikat die Verbraucher nicht eher verunsichern?


Maisch: Fairtrade ist über kleine Marktnischen noch nicht hinausgekommen. Ein Sozialsiegel mit größerer Verbreitung fehlt dagegen.


Koch: Lässt sich soziale Verantwortung von Unternehmen denn mit eindeutigen Kriterien messen?


Maisch: Das ist schwierig – zugegeben. Gerade deshalb muss man jedoch beginnen, daran zu arbeiten. Eine Basis könnten die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation sein. Wenn ein Unternehmen beispielsweise garantiert, dass in seinen Fabriken und denen seiner Zulieferer keine illegale Kinderarbeit stattfindet, dürfte es das Gütesiegel tragen. Mit solchen Fragen beschäftigt sich das Ministerium aber leider überhaupt nicht.


Koch: Gibt es nicht auch Fortschritte im Verbraucherschutz? Die große Koalition beschließt demnächst, dass die Bahn bei Zugverspätungen über einer Stunde eine Entschädigung zahlen muss. Bisher tut sie das nur freiwillig.


Maisch: Das Gesetz liegt im Bundestag, es kommt nicht voran. Außerdem reicht die Entschädigung ab einer Stunde Verspätung nicht aus. Sie müsste schon ab einer halben Stunde gezahlt werden. Das fordern auch die Verbraucherverbände.


Nicole Maisch (27) ist Sprecherin für Verbraucherpolitik der Grünen im Bundestag. Sie vertritt die Region Nordhessen

Info-Kasten

Verbraucherbericht

Der Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik steht heute (Freitag, 13.2.2009) im Bundestag zur Debatte. Die große Koalition lobt sich selbst, die Opposition kritisiert den unzureichenden Schutz der Konsumenten vor Geschäftemachern aller Art.

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