Gutes Recht wird schlecht umgesetzt

Foodwatch kritisiert mangelnden Verbraucherschutz vor Täuschung und Panschereien bei Lebensmitteln. Gesetze sollten Vorsorge in den Mittelpunkt stellen.

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Von Wolfgang Mulke

06. Aug. 2014 –

Die Bürger in Europa werden nach Einschätzung der Verbraucherorganisation Foodwatch zu wenig vor Lebensmittelskandalen oder Täuschung im Supermarkt geschützt. Wir haben ein sehr gutes Lebensmittelrecht“, sagt der Chef der Organisation, Thilo Bode. Doch die darauf fußenden Gesetze erwiesen sich als wirkungslos, wie immer neue Lebensmittelskandale zeigten.

 

Die EU hat sich Regeln zum Schutz der Kunden vor Irreführung und zu einer gesundheitlichen Vorsorge auf die Fahne geschrieben. Doch Foodwatch hat den Rechtsrahmen analysiert und sieht etliche Lücken in der praktischen Umsetzung beider Ziele. Ein Beispiel dafür sieht Bode in der Futtermittelherstellung. Nach dem letzten Skandal um Dioxin im Futter habe sich trotz angekündigter Gegenmaßnahmen nichts geändert. Denn die Hersteller wurden nicht zu einer Kontrolle aller Lieferungen verpflichtet. Damit ist der Nachweis einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verschmutzung von Futtermitteln nicht mehr möglich, wenn die Behörden einmal fündig werden. Strafen haben die Betriebe somit nicht zu befürchten. „Die Forderung der Politiker nach höheren Strafen sind wirkungslos“, kritisiert Bode und fordert eine Pflicht zur Prüfung aller Chargen.

 

Ähnlich schwach steht es um den Verbraucherschutz laut Foodwatch im Falle des Pferdefleischskandals. Da der Handel die von ihm angebotenen Eigenmarken nicht untersuchen muss, bleibt der Verkauf von Lasagne oder Bolognese aus Pferdefleisch für die Unternehmen ohne Konsequenzen. Die meldepflichtigen Kontrollen entdecken Missstände erst, wenn die Produkte schon auf dem Markt sind. „Da kann man nichts mehr rückgängig machen“, stellt Bode fest.

 

An Beispielen für eher wirtschaftsfreundliche Gesetzesregelungen mangelt es laut Analyse nicht. So orientieren sich die Grenzwerte für Dioxin weniger an gesundheitlichen Bedenken als vielmehr an der tatsächliche Belastung einzelner Produkte, damit das Angebot auf dem Markt ausreicht. Warnhinweise auf Azo-Farbstoffe, die Eis oder Süßwaren färben, sind in Minischrift auf den Verpackungen gedruckt, obwohl sie im Verdacht stehen, AHDS auszulösen. Belastungsgrenzen für Uran gibt es zwar im Leitungswasser, nicht jedoch im Mineralwasser.

 

Foodwatch wirft der Industrie vor, dass sie eine vorsorgende Gesetzgebung erfolgreich verhindert. Das Lebensmittelrecht soll daher komplett neu aufgestellt werden. Konkret fordert die Organisation eine System, mit dem die Lebensmittelproduktion vollständig rückverfolgt werden kann. Behörden und Betriebe sollen umfassende Auskunftspflichten erhalten. Außerdem verlangt Bode, dass auch Unternehmen für Verfehlungen bestraft werden können, nicht nur einzelne Personen. Schließlich plädiert die Organisation für ein Verbandsklagerecht gegen Lebensmittelgesetze.

 

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