Halber Erfolg in London

Kommentar von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

03. Apr. 2009 –

Der Gipfel der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer in London hat sich zusammengerauft. Die Regierungschefs haben keinen Erfolg auf der ganzen Linie geschafft, aber auch keinen Misserfolg produziert. Denn erstmals seit dem Beginn der neuen Globalisierung in den 1980er Jahren trauen sich die Regierungen selbst mehr Macht zu. Bestand das Ergebnis internationaler Verhandlungen bisher oft darin, die Staaten zu schwächen und die Unternehmen zu stärken, so wird diese Logik nun in ihr Gegenteil verkehrt. Das neue Programm lautet: „Kein Markt, kein Akteur und kein Produkt soll ohne staatliche Aufsicht bleiben“.


Banken und Investoren haben deshalb künftig weniger Bewegungsfreiheit für risikoreiche Geschäfte. Und dieser Fortschritt beschränkt sich nicht auf die Industriestaaten. Weil diese unter dem Druck der Krise bereit sind, ihre Macht mit den aufstrebenden Schwellenländern wie China, Indien, Brasilien und Indonesien zu teilen, kristalliert sich eine neue globale Wirtschaftsverfassung heraus.


Auf einige drängende Fragen, die die Finanzkrise aufwirft, hat der Gipfel allerdings keine Antworten gegeben. Was passiert mit den wertlosen, verlustbringenden und unverkäuflichen Wertpapieren, die einst Hunderte Milliarden Euro wert waren, und nun die Bilanzen der Banken belasten? Entgegen dem Plädoyer von IWF-Chef Dominique Strauss Kahn hat man sich darüber lieber nicht unterhalten. Herausgekommen wäre: Niemand weiß genau, was man machen soll. Großbritannien probiert es mit einer öffentlichen Versicherung, die USA mit Kauf durch den Staat. Nichts funktioniert richtig. Und die deutsche Regierung hofft, dass sich das Problem irgendwie von selbst erledigt.


Der größte Mangel aber besteht darin, dass die Regierungen kein gemeinsames Investitionsprogramm zur Stabilisierung der Weltwirtschaft beschlossen haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist das schlicht zu teuer – eine Sparsamkeit, die sich angesichts des abrupten Absturzes der Weltkonjunktur noch als extrem kurzsichtig erweisen könnte. Gemildert wird dieser Nachteil jedoch dadurch, dass für die Mittel des Internationalen Währungsfonds für Entwicklungs- und Schwellenländer auf rund 800 Milliarden Dollar verdreifacht werden.


Über all das ist aber das letzte Wort noch nicht gesprochen. Wenn der Wirtschaftsabschwung anhält und der Druck steigt, könnte der nächste G20-Gipfel durchaus ein weiteres internationales Konjunkturprogramm beschließen. Denn diese Krise ist noch lange nicht vorbei.

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