Handel mit Freunden

Das Ceta-Handelsabkommen mit Kanada ist eine gute Sache

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Von Hannes Koch

02. Dez. 2022 –

Eine Welt, die unter dem beherrschenden Einfluss von Diktatoren steht, wäre keine gute. Diese jedoch droht, wenn die westlichen Staaten jetzt nicht aufpassen. Die russische Regierung hat den Krieg gegen die Ukraine vom Zaun gebrochen. Und die chinesische Regierung will ihr autoritäres System zur stärksten Weltmacht aufrüsten. Das ist der Hintergrund, vor dem der Bundestag das Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada (Ceta) beschloss.
Die Welt sortiert sich neu. Deshalb muss man auch dieses Abkommen neu bewerten. Kritik, die vor fünf Jahren noch zentral erschien, macht jetzt einen etwas abseitigen Eindruck. Ja, das Abkommen beinhaltet auch neue Schiedsgerichte, die Unternehmen Klagen gegen den deutschen oder kanadischen Staat ermöglichen. Diese Sondergerichtsbarkeit ist schwer zu begründen, weil ja die ordentliche Justiz in beiden Staaten auch Unternehmen eine ausreichende Sicherheit bietet. Trotzdem darf das nun kein Punkt mehr sein, an dem das Abkommen scheitert.
Stattdessen sollte die Frage lauten: Mit welchen Staaten können sich Deutschland und die Europäische Union zusammentun, um dem Autoritarismus etwas entgegenzusetzen? Neben Kanada ist man da schnell bei Mittel- und Südamerika – Mexiko, Chile, der dortigen Wirtschaftsgemeinschaft Mercosur unter anderem mit Brasilien und Argentinien. Oder auch bei den USA, wo der erste Anlauf zu einem umfassenden Handelsabkommen mit Europa (TTIP) vor Jahren an Ex-Präsident Donald Trump scheiterte, zur Freude der hiesigen Globalisierungskritiker.
Verträge, die den wirtschaftlichen Austausch mit vertrauenswürdigen Staaten befördern, sind gut. Die naheliegende Basis bildet das gemeinsame Bekenntnis zu Demokratie, Menschenrechten, individueller Freiheit und freiem Handel. Auch dieser kann eine gute Sache sein, der für beide Seiten mehr Wohlstand schafft. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Interessen der Unternehmen nicht an oberster Stelle stehen, sondern mit dem Gemeinwohl ausbalanciert werden.
In früheren Jahrzehnten wurde die Freihandelsideologie oft übertrieben. Die Konzerne betrachteten andere Länder nur als Rohstoffquellen, Arbeits- und Absatzmärkte. Die dortige Entwicklung spielte kaum oder keine Rolle. So führte – und führt – Bergbau zu gigantischen Umweltschäden, und die betroffene Bevölkerung kann sich oft nicht wehren. 2013 stürzte die Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch ein, weil sich die Auftraggeber, unter ihnen auch Firmen aus Europa, nicht um die Arbeitssicherheit gekümmert hatten.
Insofern war die Kritik an der neoliberalen Wirtschaftsordnung oft berechtigt. Jetzt scheint es jedoch, als berücksichtige Bundesregierung die Forderungen der globalisierungskritischen Bewegung teilweise. So wird in der neuen Zusatzerklärung zum EU-Kanada-Abkommen die Kompetenz der Schiedsgerichte eingeschränkt. Die EU-Kommission scheint diesen Weg mitzugehen, wenngleich die alte Marktradikalität dort noch spürbar bleibt.
Ein weiterer Schritt soll darin bestehen, dass künftige Handelsverträge den Klima- und Umweltschutz stärker berücksichtigen. Die Sozial- und Arbeitsrechte sollten ebenfalls aufgewertet werden, erklärt die Bundesregierung. Gelingt das, wären die teilnehmenden Staaten künftig verpflichtet, die Rechte von Beschäftigten und Anwohnern besser zu schützen. Das könnte zu einer ausgewogeneren Bilanz von Freihandel und sozialem Fortschritt führen.
Umgekehrt darf man die Anforderungen an Handelsverträge nicht zu hoch schrauben. Wenn man die moralischen Maßstäbe von Misereor und Brot für die Welt anlegt, bleibt fast kein Land mehr übrig, mit dem sich Handel treiben ließe. Angesichts der Weltlage ist das keine Option.

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