Hat die Bahn Akten vernichtet?
Abgeordnete haben Hinweise auf Schredderaktion / Bahnchef Hartmut Mehdorn gibt sich vor dem Bundestag ahnungslos
04. Mär. 2009 –
Viele Details der Datenaffäre bei der Bahn bleiben womöglich im Dunkeln. Abgeordnete des Bundestags befürchten, dass ein Teil der Informationen kurz vor der Veröffentlichung des Zwischenberichts zu den Schnüffeleien Mitte Februar vernichtet wurde. „In der Revision sind Akten verschwunden“, sagte der Grüne Verkehrsexperte Anton Hofreiter am Rande der Sitzung des Verkehrsauschusses am Mittwoch in Berlin. Auch die verkehrspolitischen Sprecher von Union und SPD haben Hinweise auf eine Shredderaktion. Die Politiker berichten von anonymen Hinweisen, aber auch von Vorwürfen, deren Urheber namentlich bekannt sind. Details wollten die Abgeordneten allerdings noch nicht nennen. Die Bahn selbst hatte in einer ersten Bestandsaufnahme bereits eingeräumt, dass womöglich nicht alle Vorgänge dokumentiert werden können.
Bahnchef Hartmut Mehdorn konnte im Verkehrsausschuss nicht zur Erhellung der Umstände beitragen. „Wir haben kein Recht gebrochen“, betonte der Manager danach erneut. Von den Einzelheiten des umstrittenen Massendatenabgleichs von über 170.000 Beschäftigten will der Vorstand nichts gewusst haben. Die Einzelheiten der Schnüffelaffäre sollen von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zunächst geklärt werden. Am 27. März wollen die Prüfer ihren Abschlussbericht vorlegen. Mittlerweile wühlen sich mehrere Dutzend Experten durch die Akten der Konzernrevision und suchen nach den Verantwortlichen für die offenkundig wenigstens teilweise illegalen Aktionen wie der Überprüfung von Kontobewegung einzelner Mitarbeiter bei der Korruptionsbekämpfung. Nach Abschluss der Untersuchungen wollen die Verkehrspolitiker Mehdorn erneut vorladen.
Es ist umstritten, ob die Bahn tatsächlich die Aufklärung der Vorwürfe aktiv vorantreibt. Die KPMG-Prüfer loben die Zusammenarbeit mit dem Konzern. Die vom Aufsichtsrat eingesetzten prominenten Anwälte Herta Däubler Gmelin und Gerhard Baum, beides renommierte Ex-Politiker, beklagen sich dagegen über Behinderungen bei der Arbeit. Aufklärung durch „tagelange Diskussionen“ verzögert. „Zudem verdichtet sich der Eindruck, dass einer schnellen und lückenlosen Aufklärung Steine in den Weg gelegt werden“, kritisierten die Juristen in einem Schreiben an den Aufsichtsrat. Die Vorwürfe wies Mehdorn im Ausschuss nach Angaben von Teilnehmern zurück. Beide könnten jederzeit direkt beim Vorstand anrufen.
Rücktrittsforderungen gegen den Vorstand blieben der Opposition überlassen. Dagegen genießt Mehdorn die Rückendeckung der Union, die den Posten nach der Wahl gerne mit einem der Ihren besetzen will, sofern sie an der Regierung bleibt. Entsprechend moderat fällt die Einschätzung des Auftritts vor dem Verkehrsausschuss durch maßgebliche Politiker aus. „Da wird nichts vertuscht“, sagt etwa Unionsabgeordnete Georg Brunnhuber, der auch im Aufsichtsrat der Bahn sitzt.