H&M glauben oder zweifeln

Der Textilkonzern verweigert Informationen zur Einführung fairer Löhne. Das Versprechen, 2018 sei die Bezahlung bei der Hälfte der weltweiten Produktion in Ordnung, lässt sich nicht überprüfen.

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Von Hannes Koch

18. Jul. 2017 –

Diese Ansage trug H&M den Respekt von Kritikern ein. Bis 2018 würden in vielen Zulieferfabriken in Entwicklungs- und Schwellenländern existenzsichernde Löhne Einzug halten, erklärte der schwedische Textilkonzern bereits vor fünf Jahren. Heute verweigert das Unternehmen jedoch Informationen darüber, wie man vorangekommen ist, und bei welchen Lieferanten der höhere Lohn ab kommenden Jahr auch tatsächlich gezahlt wird. Eine unabhängige Überprüfung des Versprechens ist nicht möglich.

Die Aufgabe, die H&M sich selbst gesetzt hat, ist keine einfache. Bis 2018 sollen 50 Prozent seiner weltweiten hergestellten Produkte aus Fabriken stammen, in denen es „demokratisch gewählte Beschäftigten-Vertretungen“ gibt. Außerdem sollen dort „Lohn-Management-Systeme“ eingeführt sein, die „fair living wages“ unterstützen, heißt es im H&M-Nachhaltigkeitsbericht 2016.

Existenzsichernde Löhne (fair living wages) ermöglichen den ArbeiterInnen über die Basisbedürfnisse wie Essen, Wohnen und Kleidung hinaus auch beispielsweise Bildung und Sparen. Meist liegt diese Bezahlung wesentlich höher als die staatlich festgesetzten Mindestlöhne. H&M will die Manager der Zulieferer, ArbeiterInnen und Gewerkschaften dabei unterstützen, solche Verdienste auszuhandeln. Die Firmen werden beraten, wie sie die Produktivität steigern können. Die Beschäftigten erhalten Hilfe bei ihrer Interessenvertretung. Seine Rolle „als Marke und Käufer“ sieht H&M nicht darin, selbst die „Lohnhöhe festzusetzen“, erklärt die Pressestelle.

Die Frage ist nun, welche Fortschritt H&M macht, um sein Ziel zu erreichen. Das Unternehmen erklärt, im Laufe des Jahres 2016 sei die Zahl der Fabriken mit dem besseren Lohn-Management-System auf 140 weltweit gestiegen. 2017 sollen weitere 96 Lieferanten folgen. Mittlerweile kämen über 250.000 ArbeiterInnen in den Genuss der Existenzlohn-Strategie.

Angaben dazu, um welche konkreten Zulieferer in welchen Staaten es sich handelt, verweigert H&M allerdings. Ebensowenig wird die Frage beantwortet, welche Fabriken zur Gruppe der 50 Prozent mit besserer Bezahlung gehören sollen. Eine unabhängige Überprüfung der Versprechen durch Nichtregierungsorganisationen oder Journalisten ist deshalb nicht möglich. In seiner öffentlichen Liste der weltweiten Zulieferer verzeichnet H&M etwa 2.000 Firmen, davon rund 700 in China, gut 300 in Bangladesch, knapp 300 in der Türkei und über 200 in Indien. Stichproben vor Ort gleichen deshalb der Suche im Heuhaufen.

H&M verweist auf die Transparenz, die man jetzt schon an den Tag lege. Im Transparenz-Index der Organisation „Fashion Revolution“ (Mode-Revolution) habe man ein gutes Ergebnis erzielt. Sarah Ditty von Fashion Revolution sagt trotzdem: „H&M sollte mehr Details über seine Arbeit für existenzsichernde Löhne veröffentlichen.“ Dazu gehöre auch, konkrete Zulieferer zu nennen.

„H&M muss die Umsetzung seines Vorhabens nachprüfbar dokumentieren“, ergänzt Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero, die in der Kampagne für Saubere Kleidung mitarbeitet. „Sonst bleibt alles spekulativ, und das Versprechen, existenzsichernde Löhne einzuführen, ist letztlich wertlos.“

Die Ethical Trading Iniative (ETI, Initiative für ethischen Handel), in der H&M Mitglied ist, springt dem Unternehmen dagegen bei. Die Firma habe bereits eine „führende Position“ eingenommen, indem sie ihre wichtigsten Zulieferer veröffentliche. ETI begrüße die Fortschritte bei H&M in Richtung Transparenz und besserer Bezahlung.

Grundsätzlich kämpft der in Stockholm ansässige Konzern mit diesem Problem: In vielen Staaten haben es unabhängige Gewerkschaften schwer. Sie dürfen sich nicht gründen oder werden behindert. Beispiele sind China und Bangladesch. Damit steht auch der Erfolg der Existenzlohn-Strategie von H&M in Frage, die auf freien Verhandlungen zwischen unabhängigen Beschäftigten-Vertretungen und Firmen basiert.

In seinem Nachhaltigkeitsbericht 2016 listet der Textilkonzern dennoch Erfolge auf. So seien zwischen 2012 und 2016 die Löhne in den Zulieferfabriken in Bangladesch um 43 Prozent, in Kambodscha um 86 Prozent, in Indien um 31 Prozent und in Vietnam um 114 Prozent gestiegen.

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