Hochauflösendes Fernsehen

Wir retten die Welt

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Von Hannes Koch

28. Aug. 2014 –

Zwei Jahre leistete ich hinhaltenden Widerstand. Der alte, kleine Röhrenfernseher (immerhin Farbe) funktionierte ja noch. Immer wieder vertröstete ich meinen jetzt 14 Jahre alten Sohn: Geht doch auch so, vielleicht nächstes Jahr... Dann aber kam die Weltmeisterschaft. Kurz vorher gab ich auf. Wir recherchierten, verglichen Produktests und fuhren schließlich in die Stadt, wo wir einen für meinen Geschmack gigantischen Flachbildfernseher erwarben.

 

Jetzt ist alles super, finde ich. Manchmal sitzen wir mit unseren schwarzen 3D-Brillen auf dem Sofa und sehen, wie der Tagesschau-Sprecher sich ganz plastisch von seinem Stehpult abhebt. Weil wir das neue Gerät mit der Hifi-Anlage verbinden konnten, hat jetzt auch der Fernseh-Sound ordentlich Wumms.

 

Einige technische Probleme allerdings führen zu weiteren Investitionen. Beispielsweise ließ sich mein Laptop, auf dem wir früher Filme aus der Videothek schauten, nicht an das Super-TV anschließen. Also kauften wir einen Blu-ray-DVD-Player. Außerdem fällt nun schmerzlich auf, dass der Programmempfänger eine lahme Ente ist. Angesichts des hochauflösenden Fernsehbildes bemerkbar man erst die fragwürdige Qualität der Übertragung. Al Jazeera und BBC fehlen sowieso. Das muss sich ändern. Ein neuer Receiver ist in der Pipeline.

 

So beobachten wir sehr schön, wie eins zum anderen führt. Nicht nur ein Erwerb zum nächsten Kauf, sondern auch zum nächsten Bedürfnis. Mein Sohn agitiert mich jetzt, dass wir ein Abonnement für eine Online-Videothek brauchen, damit er für „Planet der Affen: Revolution“ nicht ins Kino zu gehen braucht, sondern den Streifen aus dem Internet runterladen kann. Kostet nur 7,99 Euro monatlich, dieses Abo.

 

Dabei fällt mir ein, dass Anfang September in Leipzig eine sogenannte Degrowth-Konferenz stattfindet. Also Anti-Wachstum. Es gibt Leute, die wollen, dass die Wirtschaft nicht wächst, sondern schrumpft. Schwarzweißfernsehen statt Smart-TV, Zimmer-Antenne statt Hochleistungsreceiver?

 

Mein Sohn findet solche Ideen absonderlich. Ich nicht komplett. Reiche Gesellschaften, die schon fast alles haben, müssen und können nicht mehr so schnell wachsen wie China. Aber gar nicht mehr? Wenn ich eingequetscht auf meinem Economy-Sitz in den Urlaub fliege, würde ich sehr gerne mit der Business Class tauschen.

 

Und will man die Dialektik anhalten? Da werd ich zum Marxisten. These, Antithese, Synthese, fällt den Menschen nicht zu allem eine bessere Alternative, etwas Angenehmeres ein? Ohne Wachstum – wo bleiben da die Neugier des Entdeckers, wo der Fortschritt?

 

Von wegen Filme-Runterladen steht bei uns übrigens ein weiterer technischer Sprung an. Denn wir brauchen auch einen schnelleren Internetzugang. Wie das geht, recherchieren wir gerade. Vermutlich müssen wir ein Glasfaserkabel unter dem Bürgersteig ins Haus legen lassen. Vielleicht ein bisschen teuer die Bauarbeiten? Eventuell kann die Graberei auch mein Sohn mit seinen Kumpels erledigen.

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