Hochgeschwindigkeitsinternet am Bahndamm

One Fiber will Glasfaser entlang des Schienennetzes verlegen und so auch abgelegene Gegenden anschließen. Der Bau soll Ende des Jahres beginnen.

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Von Björn Hartmann

19. Mai. 2021 –

Im Zuge des Breitbandausbaus in Deutschland rückt ein 186 Jahre altes Verkehrsmittel in den Blick: die Bahn, genauer das Schienennetz, noch genauer die kleinen Tunnel entlang der Gleise, in denen Kabel verlaufen. Das Unternehmen One Fiber Interconnect will darüber ein eigenes Glasfasernetz in Deutschland aufbauen, das auch die abgelegenen Regionen abdeckt. Schon in wenigen Jahren soll es soweit sein.

Superschnelles Internet auch in der tiefsten Eifel, im abgelegenen Schwarzwaldtal, in der Uckermark oder mitten im Sauerland? So könnte es schon 2026 kommen. Zumindest nach den Plänen von One Fiber, das die Konkurrenz schlagen möchte. Klaus Kemper, Chef und Mitgründer der Firma ist jedenfalls optimistisch.

Bahnstrecken haben mehrere Vorteile: Sie reichen in Deutschland auch in ländliche Gebiete, die bisher für Glasfaseranschlüsse wenig attraktiv waren – zu weite Wege, zu wenig Nutzer. Und an 20.000 der 33.400 Kilometer Schienennetz verlaufen die Kanäle bereits, aufwändige Genehmigungen entfallen. One Fiber muss nur noch seine Glasfaser dazulegen – wenn genug Platz ist.

Denn die Bahn nutzt die Anlagen auch für ein eigenes Glasfasernetz. Und das soll ausgebaut werden. Weil Schienen zum Teil parallel liegen und dort nur ein Glasfaserkabel nötig ist, fehlen noch rund 8200 Kilometer. Im Herbst hatte der Konzern mit einer europaweiten Ausschreibung nach einem Partner gesucht. Namhafte Unternehmen meldeten sich, versprachen durch innovative Bauverfahren eine kostengünstige und schnelle Umsetzung, wie eine Bahnsprecherin sagt. „Doch es ging kein wertbares Angebot ein.“

Jetzt kümmert sich der Konzern selbst darum und hat einen dreistelligen Millionenbetrag vorgesehen. 2026/27 soll alles fertig sein. One-Fiber-Chef Kremper bietet Hilfe an: Wenn es für sein Unternehmen wirtschaftlich und zeitlich sinnvoll sei, werde es innovative Verlegeverfahren für die Lücken einsetzen.

One Fiber will mit dem Netzausbau vermutlich zum Jahreswechsel 2021/22 starten, wie Kremper sagt. „Unser Ziel ist es, in Teilnetzen zu verlegen und diese Zug um Zug freizuschalten.“ Dabei stimmt sich One Fiber mit der Bahn ab. Wichtig: Der Bahnbetrieb darf nicht gestört werden. Binnen fünf Jahren soll das flächendeckende Netz „bis tief in die ländlichen Räume“ dann fertig sein. Kremper kennt sich mit der Deutschen Bahn aus. Er war lange Jahre Chef der Güterbahn, schied allerdings schon 2009 aus dem Konzern aus. Zuletzt leitete er den Baustoffspezialisten Knauf und gründete eine Firma, die Unternehmen entwickeln soll.

Als Kunden stellt sich One Fiber Unternehmen, Behörden und Telekommunikationsanbieter vor, die zum Beispiel über die Leitungen schnelles Internet für Firmen oder private Endkunden bereitstellen. Man stehe mit zahlreichen bereits in Kontakt, sagt Kremper, ohne Namen zu nennen.

Glasfaser ist um ein Vielfaches leistungsfähiger als herkömmliche Kupferleitungen. Die Deutsche Telekom beispielsweise, die auch über ein eigenes Netz verfügt, hat Glasfaser in Ballungsräumen bisher meist nur bis zu den grauen Verteilerkästen in den Straßen verlegt, bis zum Haus verlaufen Kupferkabel. Über diese können Kunden mit sogenanntem Vectoring Daten nur bis zu einer Geschwindigkeit von etwa 250 Megabit pro Sekunde herunterladen. Mit einem direkten Glasfaseranschluss sind bis zu 1000 Megabit möglich. Viele Internetkunden haben bisher allerdings nicht einmal 50 Megabit.

Hohe Datenmengen verschicken und empfangen zu können, ist vor allem für Firmen wichtig. Auch der neue Mobilfunkstandard 5G ist auf schnelle Glasfaserleitungen zwischen den Funkmasten angewiesen.

Die Bahn vermarktet ihr Glasfasernetz bereits über die Tochter DB Broadband. Telekommunikationsunternehmen können nicht benötigte Kapazität buchen. Das meiste nutzt der Konzern allerdings selbst: Das Glasfasernetz ist wichtig für die Digitalisierung der Strecken: Weichen und Signale werden darüber intelligent gesteuert, so dass mehr Züge auf den Trassen fahren können – Voraussetzung dafür, dass die Bahn bis 2030 die Zahl der Fahrgäste verdoppelt, wie der Bund als Eigentümer vorgegeben hat.

Die Konkurrenz betrachtet die Pläne von One Fiber skeptisch, das Unternehmen startete erst 2018 und hat bisher noch keinen Zentimeter Glasfaser verlegt. Es beschäftigt derzeit 20 Mitarbeiter, sieht sich in der Endausbaustufe bei 300 bis 400 Mitarbeitern. Darüber, wie das Start-up aus dem saarländischen St. Wendel die 1,8 Milliarden Euro finanzieren will, die das Netz entlang der Schiene nach eigenen Angaben kosten wird, schweigt sich One Fiber bisher aus. Firmen-Chef Kremper spricht von regem Interesse von Investoren. Für viele Fonds und Großanleger würden langfristige Investitionen etwa in Infrastruktur wie Glasfaser zunehmend interessant, weil sie eine konstante Rendite über mehrere Jahre brächten, sagt ein Manager.

Auch andere Anbieter nutzen bestehende Infrastruktur, etwa Gasline, eines der größten Glasfaserunternehmen Deutschlands. Hinter ihm stehen zehn Versorger, es entstand mit der Marktliberalisierung im Energiesektor 1998. Gasline  verlegte zunächst Glasfaserkabel in Extrarohren entlang der Pipelines, inzwischen aber auch an anderen Stellen. Das Netz umfasst derzeit 32.000 Kilometer, bis 2024 sind weitere 3000 Kilometer geplant. Es verbindet nicht nur Ballungszentren, sondern wird bewusst in Regionen ausgebaut, die unterversorgt mit schnellem Netz sind, wie eine Sprecherin sagt.

Endkunden kennen Gasline nicht, das Unternehmen stellt die Glasfaser ausschließlich für Firmen bereit, etwa Stadtwerke, die dann ihren Kunden schnelles Internet bieten können, oder den großen Telekommunikationskonzernen wie Deutsche Telekom, Telefonica und Vodafone.

In Deutschland haben nach Angaben des Breitband-Verbands Breko inzwischen mehr als 15 Prozent aller Haushalte und Unternehmen Zugang zu einem Glasfaseranschluss, Tendenz steigend. „Wichtig ist es jetzt, die starke Dynamik im Glasfaserausbau weiter zu verstärken, um den Ausbau in Deutschland noch schneller in die Fläche zu bekommen“ sagt Sven Knapp, Leiter des Breko-Hauptstadtbüros. „Wir begrüßen und unterstützen daher auch die Aktivitäten von DB Broadband und One Fiber, die den Glasfaserausbau entlang des Schienennetzes der Deutschen Bahn und damit quer durch das Land vorantreiben werden.“

Ob der One-Fiber-Plan wirklich umgesetzt wird, ist noch nicht sicher, obwohl er weit gediehen ist. Derzeit verhandelt das Unternehmen mit der Bahn. Das Entscheidende fehlt allerdings noch. Kremper sagt: „Es gibt noch keinen unterzeichneten Abwicklungsvertrag.“

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