Höhere Kapitalgrenze bei Hartz IV nützt kaum

Union und FDP wollen Hartz IV gerechter machen. Sie planen einen besseren Schutz für die Altersvorsorge. Die Zahl der Nutznießer wäre jedoch gering

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Von Hannes Koch

12. Okt. 2009 –

Auch in der Union und der FDP sagen mittlerweile viele, Hartz IV sei nicht unbedingt gerecht. In den Koalitionsverhandlungen plädiert deshalb NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) dafür, den Freibetrag für das Altersvorsorgevermögen zu erhöhen. Das soll Erwerbslose entlasten – sie würden eher Arbeitslosengeld II erhalten und wären seltener gezwungen, ihre Ersparnisse für´s Alter anzugreifen.


Ein Freibetrag von 250 Euro pro Lebensjahr gilt heute für Hartz-IV-Empfänger, maximal 16.750 Euro. Wer bereits mehr zurückgelegt hat, muss die höheren Summen unter bestimmten Voraussetzungen aufbrauchen, bevor er Arbeitslosengeld erhält. Um diese Härte zu vermeiden, wollen Laumann, CDU-Sozialexperte Ralf Brauksiepe und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel das so genannte Schonvermögen auf bis zu 700 Euro pro Lebensjahr erhöhen.


Ob das vielen Menschen nützen würde, ist freilich zweifelhaft. Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit deuten daraufhin, dass der Effekt gering wäre. Denn zwischen Januar und September 2009 wurden nur knapp 25.000 Hartz-IV-Anträge wegen zu hohen Vermögens abgelehnt. Im Verhältnis zu den 5,5 Millionen Anträgen, die insgesamt eingingen, entspricht dies einem Anteil von 0,5 Prozent. „Nur ein geringer Teil der Hartz-IV-Anträge wird wegen zu hohen Vermögens zurückgewiesen“, sagt BA-Sprecherin Anja Huth.


In Nordrhein-Westfalen ist das nicht anders. Nach Auskunft des Ministeriums für Arbeit und Soziales lehnten die Behörden höchstens ein Prozent der Anträge auf Arbeitslosengeld II ab, weil die Antragsteller zu viel Vermögen für ihre Altersversorgung gespart hatten. Die betroffenen Personen hatten in ihrem bisherigen Erwerbsleben kaum Gelegenheit, nennenswerte Summen zu sparen. Und nur die wenigstens besitzen große Häuser oder Eigentumswohnungen, aus denen sie ausziehen müssten.


Im Umkehrschluss deute die Zahlen daraufhin, dass die Erhöhung des Schonvermögens durch Union und FDP einigen Personen Vorteile brächten, insgesamt davon aber nur eine kleine Gruppe profitieren würde. Deshalb kostete es die neue Bundesregierung möglicherweise auch nicht allzu viel, ihre soziales Versprechen umzusetzen. „Es handelt sich um Symbolpolitik“, sagt der grüne Sozialpolitiker Markus Kurth. Der Dortmunder Bundestagsabgeordnete hält es für wichtiger, den Regelsatz des Arbeitslosengeldes II anzuheben.


Dass ein höheres Schonvermögen seine Wirkung verfehle, weist Laumanns Sprecher Arno Heißmeyer dagegen zurück. Durch die Wirtschaftskrise könnten gerade Facharbeiter bald in Bedrängnis geraten, so Heißmeyer. Wenn die Kurzarbeit in den Unternehmen auslaufe, wären manche der besser bezahlten Beschäftigten von Erwerbslosigkeit bedroht. Für sie bestehe auch die Gefahr, dass ihr angespartes Vermögen auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werde. In diesen Fällen könne das höhere Schonvermögen durchaus als Beitrag „zur Vermeidung von Altersarmut“ wirken, so Heißmeyer.


Info-Kasten

Schonvermögen

Nicht mit Hartz-IV-Leistungen verrechnet werden Riester- und Rürup-Renten. Auch manche Betriebsrenten und Lebensversicherungen, die bis zum Eintritt des Rentenalters festgelegt sind, muss man nicht aufbrauchen, bevor Arbeitslosengeld II fließt. Für anderes Kapital, das der Altersvorsorge dienen soll, gilt heute eine Freigrenze von 250 Euro pro Lebensjahr, maximal 16.750 Euro. Die höheren Summen muss man verwenden, bevor man Hartz-IV-Zahlungen erhalten kann.

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