In aller Munde, nicht auf der Straße
Über Elektroautos wird viel geredet, im Verkehr gibt es aber fast keine. Verkehrsminister Tiefensee will das ändern, weiß jedoch noch nicht, wie
25. Nov. 2008 –
Umweltfreundliche Elektroautos werden attraktiver, je mehr die Klimaerwärmung voranschreitet. Und auch die beginnende Rezession trägt dazu bei, dass der Ruf nach krisenfesten deutschen Exportprodukten lauter wird. Aus beiden Gründen gab Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Dienstag das Ziel aus, bis 2020 „eine Million Elektroautos“ auf die deutschen Straßen zu bringen.
Bei der „nationalen Strategiekonferenz Elektromobilität“ wollen Tiefensee und Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bis heute (Mittwoch) klären, wie dieses Ziel umzusetzen ist. Die Bundesregierung plant einen Katalog von Maßnahmen von der Förderung der Batterieforschung bis hin zu Anreizen für die Markteinführung. Demnächst soll das Kabinett entscheiden. Bislang ist so viel klar: Über Elektroautos wird viel gesprochen, die großen Hersteller arbeiten seit Jahren an ihrer Entwicklung, doch im Verkehr sieht man fast keine.
Nur auf „einige Tausend“ beziffert Ingenieur Mark Wöhrmann von der Technischen Hochschule Aachen die „reinen“ Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen. Diese Autos oder Busse fahren ausschließlich mit Elektroantrieb. Rechnet man die Hybridfahrzeuge hinzu, die Elektro- und Benzinantrieb kombinieren, steigt die Zahl auf wenig über 10.000. Dies ist eine zu vernachlässigende Größe angesichts der rund 44 Millionen in Deutschland angemeldeten Fahrzeuge.
Warum geht es so langsam? Angesichts der früher relativ niedrigen Ölpreise und der billigen konventionellen Fahrzeugtechnik war den Autokonzernen die Entwicklung einer konkurrenzfähigen Alternative schlicht zu teuer. Nun ändern sich die Rahmenbedingungen. Der steigende Ölpreis, die zunehmende Knappheit und die strengeren Klimaschutzziele lassen allmählich einen Massenmarkt für umweltfreundliche Mobilität entstehen.
Viele große Autohersteller entwickeln deshalb neue Modelle, die in den kommenden Jahren ausgeliefert werden sollen. Ihr Vorreiter ist der japanische Produzent Toyota, der mit seinem Hybrid-Fahrzeug Prius Erfolge feiert. In den USA ist der Wagen bereits zum Symbol des Zeitenwandels im Individualverkehr geworden. Schauspieler und Politiker lassen sich gerne mit dem vergleichsweise umweltfreundlichen Mittelklassewagen fotografieren.
Durch diese Erfahrung angespornt, arbeitet GM/Opel an seinem Chevrolet Volt. 2011 soll das Fahrzeug auf den Markt kommen. Seine Elektrobatterien wird man an der Steckdose aufladen können. Der Strom soll für etwa 60 Kilometer reichen. Der ebenfalls vorhandene Benzinmotor des Volt sorgt darüberhinaus für eine normale Reichweite von mehreren Hundert Kilometern. Auch VW und Daimler entwickeln Hybrid-Fahrzeuge. Volkswagen testet seinen Hybrid-Golf gegenwärtig im Feldversuch. Und Daimler will im Sommer 2009 den S 400 Blue Hybrid auf den Markt bringen, eine Luxuslimousine mit kombiniertem Strom-Benzin-Antrieb.
Die Kombination beider Energieformen scheint zur Zeit die aussichtsreichere Alternative zu sein. Reine Elektromotoren haben den Nachteil, dass die Batterien auf absehbare Zeit nicht leistungsfähig genug sind. Man kann mit Elektrofahrzeugen einfach keine großen Strecken zurücklegen. BMW versucht dennoch, diese Hürde zu überspringen. Ab 2009 sollen Autos der Marke Mini im Alltag getestet werden. Wegen der großen Batterie haben diese nur zwei, nicht vier Sitze.
Eine entscheidende Frage ist allerdings bislang gänzlich ungeklärt. „Woher soll der Strom kommen?“, fragt Frank Brehm. Beim Berliner Solaranlagen-Hersteller Solon AG kümmert er sich um ökologische Mobilität. Für Brehm ist die Antwort klar: Nur aus regenerativen Quellen stammende Energie könne den Umweltvorteil der E-Autos gewährleisten.
Das sehen andere Firmen anders. So kooperieren der französische Atomkonzern EDF und die Autofirma PSA-Peugeot-Citroen bei der Entwicklung von Hybridfahrzeugen. Die Stromkonzerne haben großes Interesse daran, die Flotte der künftigen Elektroautos als Abnehmer ihres Kohle- und Atomstroms zu gewinnen.