Ins Restaurant? Nur, wenn der Smiley lacht!
Mäuse in der Bäckerei, Salmonellen auf der Wurst, Schimmel in der Restaurantküche: Die Verbraucherorganisation Foodwatch fordert, die Mängel an der Tür eines jeden Bäckers, Metzgers, Lokals öffentlich zu machen
12. Dez. 2013 –
In der idealen Welt wäre klar: In der Küche des Lieblingsrestaurant geht alles mit sauberen Dingen zu, in der Bäckerei nebenan auch. Und in die Lasagne aus der Tiefkühltruhe ist kein Pferdefleisch gemischt. Nur: In der echten Welt kann sich niemand sicher sein.
Zwar sind allerorten Lebensmittelkontrolleure unterwegs. Die Kunden erfahren von den Ergebnisse aber selten. Das zeigt ein Test von Foodwatch in drei Bundesländern. Die Verbraucherschützer stellten ihn gestern mit dem Report „Von Maden und Mäusen“ vor.
Eigentlich sollte alles anders werden. Im September 2012 trat ein neues Verbraucherinformationsgesetz in Kraft. Wenige Monate zuvor waren mal wieder giftige Dioxine in Eiern aufgetaucht. CSU-Bundesministerin Ilse Aigner versprach den Verbrauchern „mehr Informationen und schnellere Auskünfte, in der Regel kostenfrei" und eine „noch aktivere Informationskultur der Behörden“. Die Foodwatch-Leute merkten davon wenig.
Erfahrung1: Die Tester fragten beim Landesamt in Nordrhein-Westfalen nach: Schummeln Fleischer bei der Haltbarkeit? Finden sich Salmonellen auf der Wurst?. Das Amt leitete das Schreiben an die Kreisbehörden. Dann sei es zugegangen „wie im wilden Westen“, so die Verbraucherschützer. Die Stadt Essen wollte 19.600 Euro für eine Antwort, die Stadt Krefeld 1.400 Euro. Und als die Verbraucherschützer die Fleisch-Frage dem Niedersächsischen Landesamt stellten, schickte dies einen Kostenvoranschlag in Höhe von 80.000 Euro.
Erfahrung 2: Diesmal fragten sie das bayerische Landesamt nach Mäusekot, Kakerlaken, Motten, nach Auffälligkeiten in Großbäckereien. Diese Antwort sollte 10.000 Euro kosten. Immerhin: Einzelne Ergebnisse gab es kostenlos, allerdings erst nach sieben Monaten.
Horrende Kosten, langwierige Verfahren, Akten voller Briefe - Testerin Anne Markwardt resümiert: „Das ist ein Vollzeitjob, den keiner leisten kann.“ Von 54 Anfragen seien gerade mal sieben vollständig und kostenfrei beantwortet worden.
Foodwatch-Vize Matthias Wolfschmidt sieht darin vor allem ein Problem. Den Besitzern von Bäckereien oder Kantinen fehle der Anreiz, sich an Vorschriften zu halten. Die Pfuscher müssten benannt werden, damit sie um ihren Ruf und ihre Kunden fürchten müssen. Tatsächlich tut sich wenig. Seit Jahren wird bei den hiesigen Kontrollen jeder vierte Lebensmittelbetrieb beanstandet.
Die Dänen seien weiter, sagt Wolfschmidt. Sie listen die Ergebnisse ihrer Lebensmittelinspekteure auf, und zwar im Internet und an der Tür von jedem Restaurant und Betrieb. Daneben klebt ein Smiley - lachend für „alles in Ordnung“, traurig für „viele Mängel“. Seitdem es das gibt, ist die Bestenquote um etwa zwanzig Prozent gestiegen.
Hierzulande gab es Ähnliches bislang nur im Berliner Bezirk Pankow. Wie appetitlich es dort in einem Betrieb zugeht, sieht jeder nicht an der Tür, aber im Internet. Torsten Kühne ist der CDU-Bezirksstadtrat und damit verantwortlich. In Deutschland ist die Lebensmittelüberwachung Sache der Länder und Kommunen. Schmuddelbetriebe kalkulierten ein, dass sie in einem Jahr für drei Wochen mal dicht gemacht werden könnten, sagt Kühne. Mit der Pause und einem Großreinemachen kämen sie billiger davon als mit einer Mitarbeiterschulung oder Ähnlichem. Kühne ist überzeugt: Es hilft, wenn öffentlich wird, wer schlampt.
Doch die Gastronomie-und Lebensmittelbetriebe wehren sich gegen „Generalverdacht“ und einen „Pranger“ und fürchten den Ruin wegen Bagatellschäden. Sie berufen sich auf das Geschäftsgeheimnis.
So klagten prompt mehrere Betriebe als die Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen diesen Monat eine Hygiene-Ampel online gestellt hat. Es ist ein Test für Restaurants, Imbisse, Eisdielen in Duisburg und Bielefeld. Die kommende Regierung müsse die Gesetze klarer formulieren und Rechtsmängel beseitigen, fordert Foodwatch-Mann Wolfschmidt. Die letzten Jahre traute sich da allerdings keiner ran.
Kasten: Das Kontroll-System
Rund 1,22 Millionen Lebensmittelbetriebe gibt es bundesweit.
Knapp 530.000 Betriebe wurden 2012 kontrolliert, davon 26 Prozent beanstandet.
396.000 Proben wurden im Labor untersucht, davon 12 Prozent beanstandet.
Bei Fleischprodukten lag die Beanstandungsquote bei rund 17 Prozent.