Investition in Gerechtigkeit
Kommentar von Hannes Koch
21. Jan. 2009 –
Viele Menschen schauen nach Amerika – nicht nur wegen Obama. Ein Beleg für die USA-Euphorie ist, dass ein von dort stammender Begriff neue Bedeutung erhält. Einen „Green New Deal“ fordern Grüne, Gewerkschafter und Globalisierungskritiker – ein kombiniertes Programm gegen Armut, Umweltzerstörung und Finanzkrise.
Mit seinem New Deal beendete US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Für Ähnliches ist die Zeit auch jetzt reif. Das zeigen zwei wirtschaftspolitische Befunde, die am Mittwoch veröffentlicht wurden. Einerseits wächst die Ungleichheit der Vermögen und damit die soziale Kluft. Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung besitzen kein oder kaum Vermögen, ein Drittel lebt an der Verschuldungsgrenze oder darunter. Andererseits befürchtet Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU), dass die deutsche Ökonomie in diesem Jahr um 2,25 Prozent schrumpfen könnte.
Letzteres liegt vornehmlich an der Finanzkrise, die die großen Wirtschaftsräume dieser Welt gleichzeitig erfasst hat. Der Export der deutschen Industrie geht massiv zurück, Arbeitsplätze sind in Gefahr. Hinzu kommt aber ein weiterer Grund: Die soziale Schieflage verstärkt die ökonomische Krise. Denn Vermögensarmut hängt mit Einkommensarmut eng zusammen. Wenn Millionen Menschen es sich nicht leisten können ausreichend zu konsumieren, leiden auch die Unternehmen. Sie verkaufen im Inland weniger, als möglich wäre. Deshalb weichen sie in den Export aus.
Wer jetzt etwas gegen die Wirtschaftskrise tun will, darf deshalb nicht nur in Steine und Stahl investieren. Er muss auch Geld für Gerechtigkeit ausgeben. Notwendig wäre es beispielsweise, die soziale Sicherung besser auszustatten. Zu ihrer Finanzierung müssten die Steuern für große Einkommen und Vermögen erhöht werden. Im Rahmen ihres neuen Konjunkturpakets hat die Bundesregierung den Wert des sozialen Ausgleichs zwar nicht völlig vernachlässigt, aber doch zu gering geschätzt. Außerdem besitzt Gerechtigkeit eine globale Dimension. Ohne massive Investitionen in den Schutz des Klimas werden Milliarden Menschen vor allem in Entwicklungsländern künftig ihres Lebensunterhaltes beraubt.
In diesem Sinne ist sozialer Ausgleich eine Voraussetzung für wirtschaftliche Stärke. Und umgekehrt führt eine Politik der Ungerechtigkeit zu ökonomischer Schwäche. Denn warum sollten Menschen hart arbeiten, wenn sie nicht von ihren Anstrengungen profitieren? Mit dieser Botschaft ist Barack Obama gerade US-Präsident geworden. Auch für uns wäre sie die richtige.