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    Sigmar Gabriel | Foto: SPD Niedersachsen

Jenseits der Mitte

Kommentar zur SPD von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

09. Mai. 2016 –

Sigmar Gabriel will nicht Bundeskanzler sein. Er scheint nicht zu wissen, was er mit der Aufgabe anfangen soll. Oder er traut sich nicht. Schließlich haben SPD, Grüne und Linke zusammen 320 Sitze im Deutschen Bundestag, die Union kommt auf 310. Wenn Gabriel und die SPD wollten, könnten sie sofort regieren, getragen von einer rot-rot-grünen Koalition. Möglicherweise ist es diese Selbstentmachtung der Sozialdemokratie, dieses Ignorieren der eigenen Gestaltungskraft, das den Verfall der Partei beschleunigt.

 

Derzeit herrscht eine große Ratlosigkeit in Gabriels Partei. Ihre Politik in der Koalition mit der Union zahlt sich nicht aus. Nur noch 20 bis 25 Prozent der Wähler vertrauen der SPD. Die nächste Niederlage bei der Bundestagswahl 2017 ist zu befürchten. Deswegen hat niemand Lust, Kanzlerkandidat zu werden. So scheint die ehemalige Volkspartei auf dem Weg in die Marginalisierung. Was lässt sich dagegen tun?

 

Die Antwort lautet: mehr links, weniger Mitte. Seit dem Godesberger Programm von 1959 ist die SPD eine Partei der linken Mitte. Sie muss jeweils die Balance zwischen diesen beiden Positionen neu bestimmen. Das augenblickliche Mischungsverhältnis scheint für die Wähler nicht mehr attraktiv zu sein.

 

Zum Glück wissen Teile der SPD noch, was heute links sein könnte. Sie verlangen, den zunehmenden Abstand zwischen Arm und Reich nicht weiter zu vergrößern. Sie plädieren für die Wiedereinführung der Vermögensteuer, eine höhere Erbschaftsteuer, einen höheren Spitzensteuersatz für Millionäre und Milliardäre, eine Kapitalertragssteuer, die den Namen verdient, und energische Maßnahmen gegen Steuerflucht. Gerechtigkeitspolitik angesichts der Globalisierung.

 

Unrealistisch? Angela Merkel, die anerkannte und beliebte Kanzlerin, vom Thron stoßen? Darin liegt tatsächlich eine Gefahr. Die Alternative besteht jedoch darin, dass sich die SPD nach 2017 weitere vier Jahre von der Union totkuscheln lässt. Die Grünen würden beim Regierungswechsel mitmachen, vermutlich auch die Linken. Dort bekämen damit die Reformer die Gelegenheit, sich der Sarah-Wagenknecht-Fraktion zu entledigen.

 

Eine politische Weisheit lautet: Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Wenn sich jedoch zu viele dort drängeln, wird der Platz zu eng. Diese Schlussfolgerung ziehen manche auch in der Union, die sich - ihrer Herkunft entsprechend – mehr nach Mitte-Rechts orientieren könnte. Auch das ist ein Argument, warum die SPD auf ihrem angestammtem Feld moderne linke Politik machen sollte.

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