Juristen kümmern sich nun um die Verbraucher

Überraschend wechselt der oberste Verbraucherschützer Billen in die Regierung. Ernährungswirtschaft jubiliert schon

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Von Wolfgang Mulke

16. Dez. 2013 –

Künftig werden die Rechtsexperten des Justizministeriums auch für den Verbraucherschutz zuständig sein. Das sieht der neue Zuschnitt der Ministerien vor. Bislang war das Ressort beim Landwirtschafts- und Ernährungsministerium angesiedelt. Der künftig zuständige Minister Heiko Maas (SPD) kann noch mit einer zweiten Überraschung aufwarten. Der bisherige Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), Gerd Billen, gibt seinen Job auf, und gehört künftig als Staatssekretär der Bundesregierung an.

 

„Der neue Ressortzuschnitt ist ein Gewinn für den deutschen Verbraucherschutz“, hofft Lukas Siebenkotten, der dem Verwaltungsrat des vzbv vorsteht. Denn viele Probleme können nur durch einen geeigneten Rechtsrahmen gelöst werden. Und im Gegensatz zum Landwirtschaftsministerium darf das Justizministerium dafür eigene Initiativen ergreifen, also Gesetze ausarbeiten und einbringen. Verbraucherschützer haben sich diese Veränderung schon länger gewünscht, weil den zuständigen Ministern bisher meist nur die Kritik an Missständen blieb, die Federführung aber in anderen Häusern lag. So ist das Finanzministerium zum Beispiel für den Schutz der Anleger verantwortlich und das Justizministerium für den Kampf gegen unerlaubte Werbeanrufe.

 

Doch sind andere Schwierigkeiten absehbar. Noch nicht geklärt ist beispielsweise, wer für den gesundheitlichen Verbraucherschutz zuständig sein wird. Dazu gehören Gammelfleischskandale oder auch die Verbreitung des EHEC-Virus durch Lebensmittel. Die Experten für diese Fälle sitzen im Landwirtschaftsministerium. Ob Juristen auf derartige Krisen angemessen reagieren können, darf bezweifelt werden. Also müssten entweder die Fachleute aus dem einen Haus in das andere versetzt werden, oder der Gesundheitsschutz bleibt beim neuen Landwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

 

Friedrich hätte dann aber ein Glaubwürdigkeitsproblem. Denn ohne den Verbraucherschutz im Titel ist sein Ministerium in ersten Linie der Land- und Ernährungswirtschaft verbunden. Deren Branchenverband stellte dies auch umgehend klar. „Der Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft erwartet, die Interessen der Branche bei der Politikgestaltung vorrangig in den Blick zu nehmen“, teilte der Verband mit. Wenn sich das Haus auf die Seite der Industrie und des Bauernverbands schlägt, wäre es in Fragen des Verbraucherschutzes kaum mehr ein vertrauenswürdiger Sachwalter. Aber noch sind die Details der neuen Ressortverteilung offen.

 

 

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