Kakao? Nicht die Bohne!

Planet A Foods hat Schokolade neu erfunden

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Von Björn Hartmann

27. Jan. 2023 –

Sie ist als Tafel manchmal quadratisch, meist länglich. Sie umhüllt Erdbeercreme, Minze, Kekse, Karamell, Erdnüsse. Schokolade, behaupten manche, mache sogar glücklich. Und ohne Kakao geht nichts. Bisher jedenfalls. Ein deutsches Unternehmen schickt sich an, den Markt aufzumischen – kakaolos und klimaschützend.

Neu erfunden haben die Schokolade die Geschwister Maximilian und Sara Marquart mit ihrem Unternehmen Planet A Foods aus Planegg bei München. Die Technologiechefin und Gründerin verrät, was drin ist: „Im Prinzip nur Zucker, Sheabutter und natürlich unser Nocoa aus Hafer oder Sonnenblumenkernen.“ Sieht aus wie Schokolade, lässt sich verarbeiten wie Schokolade. Und wie schmeckt die Schokolade ohne Kakao? Marquart lächelt: „In Blindverkostungen haben Experten keinen Unterschied festgestellt.“

Mit Schokolade werden Milliarden umgesetzt. Die Experten von Fortune Business Insight schätzten den Weltmarkt 2022 auf etwas mehr als 48 Milliarden Dollar (mehr als 44 Milliarden Euro), rund 20 Milliarden Dollar davor entfallen auf Europa, mit Deutschland als größtem Schokoverbraucher. Nach Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie kauften die Bundesbürger Produkte für insgesamt 3,5 Milliarden Euro, die Industrie stellte sogar Waren für 6,15 Milliarden Euro her. Und nur die Schweizer essen pro Kopf mehr Schokolade als die Deutschen.

Ihre Geschäftsidee hatten die Geschwister Weihnachten 2020, als sich die beiden über Schokolade unterhielten und darüber, dass für Kakaoplantagen Regenwald abgeholzt wird. Kakao wächst nur in Regenwaldgebieten, gut 44 Prozent kommen nach Zahlen des der Internationalen Kakao Organisation aus Elfenbeinküste, Ghana folgt mit 14,3 Prozent vor Ecuador mit 7,7 Prozent. Brasilien und Indonesien haben das Geschäft ebenfalls entdeckt und weiten ihren Anbau aus. Das zerstört die grüne Lunge der Welt.

Wer Regenwald schützt, hilft deshalb dem Weltklima. Schokolade zu verbieten, ist für die Geschwister keine Lösung. Wie also sieht eine Alternative zu Kakao aus? Regional sollte sie sein, um Transportwege kurz zu halten, bezahlbar – und vor allem sollte sie gleich schmecken. Sie schauten sich die Kakaobohne genau an, zerlegten sie in ihre Bestandteile, in Eiweiße, Kohlehydrate, Fette.

Und sie entdeckten die gleichen Bausteine in Hafer und Sonnenblumenkernen. Den meisten Geschmack liefern auch beim Kakao Fermentation und Röstung. Den Marquarts gelang es, die richtige Hefe zu finden, um aus Hafer und Sonnenblumenkernen den Stoff für kakaofreie Schokolade zu gewinnen – Nocoa tauften sie das Produkt.

Versuche, Kakao in Schokolade zu ersetzen, gab es in den vergangenen Jahrzehnten viele, aber niemand hat das Thema bis zur Marktreife gebracht. „Die Rahmenbedingungen waren anders, es lohnte sich nicht“, sagt Marquart. Heute gebe es CO2-Steuern und ESG (ökologische, soziale und Kriterien guter Führung). Zudem bedrohe der Klimawandel auch den Anbau der Pflanzen in tropischen Regionen.

Bisher ist noch keine kakaofreie Schokolade zu kaufen. Im Sommer vergangenen Jahres konnten Eis-Fans den Stoff bereits in verschiedenen Eisdielen in deutschen Großstädten testen. Die ersten Produkte mit Nocoa sollen im September in die Supermarktregale kommen, zunächst in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Wir schauen aber auch Richtung USA“, sagt Marquart.

Planet A Foods will selbst keine kakaofreie Schokolade in die Supermärkte bringen. „Wir beliefern die Industrie“, sagt Sara Marquart. Denn nur, wenn Kakao im großen Stil ersetzt werde, gebe es auch einen Effekt für das Klima. „Aber auf den Verpackungen steht schon ,Nocoa‘“, sagt sie. Dem Unternehmen geht es nicht so sehr um Schokotafeln mit sehr hohem Kakaoanteil, in denen die richtige Bohne eine große Rolle spielt, sondern um all die anderen Produkte, in denen Kakao enthalten ist – Schokoriegel und Kekse zum Beispiel.

Für die Industrie geht es neben dem Geschmack auch immer um den Preis. Und da ist regionaler Hafer der Kakaobohne deutlich überlegen: „Die Tonne Hafer kostet derzeit rund 500 Euro, die Tonne Kakao 2500 Euro“, sagt Marquart. Und noch einen Vorteil nennt sie: Anders als Kakao sei Nocoa nicht bitter, das Produkt komme mit 30 Prozent weniger Zucker aus.

Für Planet A Foods ist Kakaoersatz erst der Anfang. „Wir arbeiten auch an einem Ersatzstoff für Palmöl“, sagt Marquart, ebenfalls produziert von Hefen. Palmöl setzt die Industrie als billigen Fettersatz in zahlreichen Lebensmitteln ein. Und für die nötigen Plantagen wird Regenwald abgeholzt. Planet A Foods setzt auch hier auf Hefe. Bis der neue Ersatzstoff auf den Markt kommt, dauert es. Marquart hält einen Start in den USA für 2025 für möglich.

Zunächst geht es um Schokolade. Die Pilotanlage bei Planet A Foods in Planegg stellt 40 Kilogramm pro Tag her, für die Lebensmittelindustrie sind größere Mengen nötig. Im tschechischen Pilsen baut das Unternehmen deshalb gerade eine Produktion auf. .„Eine Kombination aus Brauerei und Schokolade“, sagt Marquart. In der ehemaligen Staatsbäckerei, einer großen 60er-Jahre Halle, werden Fermentationskessel aus Edelstahl und Konchiermaschinen aufgestellt. Diese Knetanlagen verbessern den Geschmack der Schokolade – egal ob mit oder ohne Kakao.

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