Kartellamt prüft Fahrkartenverkauf der Bahn

Behörde sieht Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Marktmacht. Deutsche Bahn bleibt gelassen.

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Von Wolfgang Mulke

30. Jan. 2014 –

Das Bundeskartellamt prüft, ob die Deutsche Bahn (DB) ihre Marktmacht gegenüber privaten Konkurrenten missbraucht. „Wettbewerber beklagen, dass sie allenfalls einen eingeschränkten Zugang zu den Vertriebskanälen der Deutschen Bahn haben“, erläutert Behörden-Chef Andreas Mundt. Nun werde untersucht, warum die kleineren Unternehmen ihre Tickets nicht an den Bahnhöfen verkaufen dürfen.

 

Um den Vertrieb der Fahrscheine gibt es zwischen dem Konzern und den Privatbahnen schon lange Streit. Der Ex-Monopolist erschwert den Kunden anderer Unternehmen den Kauf von Fahrscheinen so gut es geht. So ist es zum Beispiel kaum möglich, über das Internetportal der Deutschen Bahn Fahrten mit anderen Unternehmen zu buchen. Die Wettbewerber erheben weitere Vorwürfe. „Fahrkarten dürfen auf vielen Bahnhöfen nicht verkauft werden“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Mofair, Engelbert Recker. Laut Verband ist es den Unternehmen verboten, die Tickets über Geschäfte im Bahnhof verkaufen zu lassen. Dem widerspricht die DB vehement. „Schon heute könnten Wettbewerber Flächen an den Bahnhöfen für eigene Zwecke anmieten“, versichert Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg. In den Reisezentren der DB sind die Fahrscheine der Konkurrenten nicht erhältlich.

 

Fahrscheinautomaten dürfen die Wettbewerber hingegen aufstellen. Doch die sehen darin nur bedingt einen Vorteil. Denn die Geräte sind teuer und der Betrieb lohnt sich bei einem geringem Passagieraufkommen nicht. Außerdem verwirrt es die Passagiere, wenn sie für jeden Streckenabschnitt ihrer Reise anderswo ein Ticket ziehen müssen.

 

Überprüft wird auch eine weitere Besonderheit bei den Tarifen im Nahverkehr, wo die Konkurrenz auf der Schiene schon weit ausgeprägter ist als auf den Fernstrecken. Alle Unternehmen am Markt sind hier gesetzlich verpflichtet, durchgehende Tarife anzubieten. Es kann vorkommen, dass ein Kunde seine Reise mit mehreren Bahnunternehmen absolviert, wenn er auf dem Weg zum Ziel umsteigen muss. Hier monieren die Kleinbahnen das Provisionssystem der Bahn. Wenn der Konzern einen Fahrschein für eine andere Bahn verkauft, kassiert er laut Mofair 15 Prozent Provision oder noch mehr. Im umgekehrten Fall bezahlt die DB jedoch nur sieben Prozent für den Vertrieb. Die Kartellwächter wollen nun untersuchen, ob die unterschiedlich hohen Provisionen gerechtfertigt sind. „Wir finden das gut“, freut sich Verbands-Chef Recker. Die Privatbahnen halten sich dagegen mit Stellungnahmen zurück.

 

Sollten sich der Verdacht des Kartellamtes bestätigen, muss die Bahn die Praxis ändern. Der Konzern glaubt daran nicht. „Wir sehen dem Verfahren gelassen entgegen“, betont der für den Personenverkehr zuständige Vorstand Ulrich Homburg. In der Sache bleibt der Konzern jedoch hart. „Der Fahrpreis und der Vertrieb von Fahrkarten sind zentrale strategische Wettbewerbsfaktoren“, sagt Homburg. Deshalb will die DB auch weiterhin keine Tickets anderer Unternehmen in ihren Reisezentren oder im Internet anbieten.

 

In einem ähnlichen Fall musste die Deutsche Bahn vor einigen Jahren aber schon einmal nachgeben. Damals ging es um die Weigerung, die Angebote der Rivalen im Bahnfahrplan mit anzugeben. So könnte auch diesmal eine schärfere Regulierung folgen. Entsprechende Forderungen wurden im Bundestag schon laut. So kündigt die Union einen neuerlichen Anlauf für ein Eisenbahnregulierungsgesetz an, dass schon einmal gescheitert ist. Vorgesehen war darin eine Missbrauchsaufsicht beim Ticketvertrieb. Auch die Grünen wollen eine stärkere Regulierung durchsetzen. „Die Rolle der Bundesnetzagentur muss gestärkt werden“, fordert deren bahnpolitische Sprecher Matthias Gastel. Der erste Versuch sei am Kanzleramt unter seinem damaligen Leiter Roland Pofalla gescheitert. Dessen geplanter Wechsel zur Bahn gebe daher zu denken, sagt Gastel.

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