Kein Bier bei Hartz IV

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Arbeitslosengeld II

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Von Wolfgang Mulke

27. Sep. 2010 –

Wie hoch ist die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen künftig?

 

 

Ab dem 1. Januar 2011 erhalten die Empfänger des Arbeitslosengeldes II als Regelsatz 364 Euro, fünf Euro mehr als zuvor. Der Satz für den Partner oder die Partnerin steigt ebenfalls um fünf Euro auf 328 Euro. Bei den Kindern bleiben die Geldleistungen gleich, obwohl sie nach Angaben von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen sogar gekürzt werden müssten. Bis zum Alter von sechs Jahren bezahlen die Ämter 215 Euro, zwischen sechs und 14 Jahren 251 Euro und zwischen 15 und 18 Jahren 287 Euro. Neu geregelt wird auch der Anpassungsmechanismus. Die Regelsätze steigen einmal jährlich um einen Betrag, der aus der Teuerungsrate und der Nettolohnentwicklung errechnet wird. Bisher waren die Renten der Maßstab. 

 

Welche Ausgaben fließen in die Rechnung ein?

 

 

Grundsätzlich gehen alle Ausgabenposten, die ein Haushalt üblicherweise hat, in die Berechnung ein. Das Statistische Bundesamt führt rund 240 Positionen auf. Die Bundesregierung entscheidet wiederum, welche Waren- und Dienstleistungen für die Sicherung des Existenzminimums benötigt werden. Bei Nahrungsmitteln, Bekleidung oder einem Dach über dem Kopf ist die Entscheidung klar. Diese Dinge benötigt jeder. Auch ein Internetanschluss wird nun als Grundbedürfnis anerkannt. Andere Konsumausgaben hält die Regierung für nicht lebensnotwendig. Dazu gehören zum Beispiel Alkohol und Tabak, Schnittblumen, Haustiere, Reisen oder Autos. Dafür gibt es keinen Cent. Aus all den einzelnen Positionen wird am Ende der Regelsatz errechnet. Die Wohnkosten kommen oben drauf. Für die Ermittlung der konkreten Eurobeträge schauen sich die Statistiker an, wie viel Geringverdiener mit Job dafür aufbringen können.

 

Hat die Regierung bei der Berechnung getrickst?

 

 

Das Arbeitsministerium behauptet, das es keinen Einfluss auf die Höhe der Regelsätze genommen hat. Nur die Spielräume bei der Festlegung dessen, was ein Mensch zum Leben benötigt, seien genutzt worden. Dazu gehört zum Beispiel, dass Hartz-IV-Empfängern kein staatlich finanziertes Bier mehr zusteht. An einer Stelle wurde die statistische Methode aber ganz im Sinne eines sparsamen Staates festgelegt. Für die Bemessung der notwendigen Ausgaben wird das Konsumverhalten einer Vergleichsgruppe herangezogen, die aus dem Fünftel der Bundesbürger mit den niedrigsten Einkommen besteht. Es wurden aber nicht, wie es Gewerkschaften und Sozialverbände fordern, die 20 Prozent mit den niedrigsten regulären Löhnen genommen, sondern eine Gruppe, in der auch die vielen Aufstocker enthalten sind. Dieser Trick mindert die Durchschnittsausgaben der Vergleichsgruppe und damit auch das angenommene Existenzminimum.

 

Profitieren Kinder besonders von den höheren Leistungen?

 

 

Bezogen auf die Regelsätze bleibt für die Kinder alles gleich. Für Kleinkinder sind monatlich nach wie vor nur 98 Cent für Bildungsausgaben festgesetzt worden. Ein 13-jähriger muss hier mit 1,13 Euro auskommen. Aber die Bundesregierung wendet zusätzlich insgesamt 620 Millionen Euro für ein Bildungspaket auf, von dem die 1,1 Millionen betroffenen Schulkinder von Arbeitslosen profitieren. Vorgesehen sind zehn Euro monatlich für den Sport, Musikunterricht oder kulturelle Ausgaben. 70 Euro gibt es zu Beginn jedes Schuljahres für Stifte und Hefte, weitere 30 Euro zum Halbjahreszeugnis. Auch Tagesausflüge bezahlt das Amt. Zudem sind die individuelle Förderung von Nachhilfeunterricht und ein Zuschuss zum warmen Mittagessen in der Schule vorgesehen.

 

Wie teuer wird die Erhöhung?

 

 

Alles zusammen genommen kostet den Bund zusätzlich gut 950 Millionen Euro. Gut die Hälfte des Betrags kommt aus der Kasse des Finanzministers. Den Rest soll das Arbeitsministerium an anderer Stelle einsparen. Wo, das ist noch offen.

 

Wie geht es weiter?

 

 

Der Gesetzentwurf wird nun im Parlament beraten. Auch der Bundesrat muss zustimmen. Hier hat die Koalition keine Mehrheit mehr. Die Neuregelung muss als Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts aber am 1.1 2011 in Kraft treten. Blockiert die SPD das Vorhaben in der Länderkammer, und das Gesetz tritt dadurch verspätet in Kraft, erhalten die Hartz-IV-Empfänger die zusätzlichen Leistungen auf jeden Fall rückwirkend zum Jahresbeginn.

 

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