• Foto: Hannes Koch

Körper als Waffe

Kommentar zum "Hungerstreik der letzten Generation"

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Von Hannes Koch

17. Sep. 2021 –

Auf fundamentalen Fehleinschätzungen beruht der Hungerstreik, den zwei Frauen und vier Männer vor dem Bundeskanzleramt in Berlin für einen radikalen Wandel der Klima-Politik führen. Sie wollen Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz, die Spitzenkandidaten der Grünen, Union und SPD, zu einer öffentlichen Diskussion noch vor der Wahl zwingen. Indem sie ihre Gesundheit und ihr Leben auf´s Spiel setzen, nutzen sie ihre Körper als politische Waffe.

Die Hungerstreikenden meinen, die Situation sei so dramatisch, dass dieses letzte Mittel gerechtfertigt erscheine. Doch das stimmt nicht. Im demokratischen System gibt es jede Menge anderer, wirksamer Instrumente, um Politikwechsel zu erreichen. Die Bewegung Fridays for Future hat es vorgemacht. Die neuen Klima-Gesetze der EU und der Bundesregierung markieren epochale Veränderungen, ebenso das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021.

Die jetzige ist auch nicht die letzte Generation, die noch etwas gegen die befürchtete Katastrophe unternehmen kann. Die behauptete Ausweglosigkeit suggeriert ein Ende der Geschichte. Aber diese springt nicht von Weiß auf Schwarz, sondern verläuft meist graduell. Jeder Mensch und jede neue Generation können die künftigen Entwicklungen mehr oder weniger beeinflussen.

Zwar gibt es ernstzunehmende wissenschaftliche Prognosen über die Menge des noch tolerierbaren Kohlendioxid-Ausstoßes. Möglicherweise gerät die Welt danach an sogenannte Kipppunkte mit schwerwiegenden, nicht mehr rückholbaren Folgen. Ob es wirklich so kommt, weiß man allerdings nicht. Wie die vermutete Zukunft aussieht, wenn sie Gegenwart wird, überrascht die Menschen immer wieder.

Die sechs Hungerstreikenden riskieren ihr Leben, um andere Leute zu retten. Mit der Drohung ihres Todes wollen sie den vermeintlichen Mord an Milliarden Menschen verhindern. „Ich sterbe, damit Ihr leben könnt“, war schon die Botschaft Jesu Christi. Sich selbst ans Kreuz zu hängen, sollte man Propheten überlassen.

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