Kommunen brauchen mehr Geld für Flüchtlinge

Städtetag rechnet mit Ausgaben von bis zu 16 Milliarden Euro in 2016

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Von Hannes Koch

29. Okt. 2015 –

Bis zu 16 Milliarden Euro Kosten kommen durch die hohe Zahl von Einwanderern auf Bundesländer und Gemeinden zu. Diese Berechnung für das Jahr 2016 veröffentlichte der Deutsche Städtetag am Donnerstag. Es bleibe vermutlich eine Finanzlücke, die die Kommunen nicht selbst decken können. „Die Städte brauchen Unterstützung“, sagte der Vize-Geschäftsführer des Verbandes, Helmut Dedy.

 

Der Städtetag hat für 2016 zwei Szenarien betrachtet. Im ersten Fall wurde angenommen, dass durchschnittlich 500.000 Asylbewerber im Anerkennungsverfahren sind. In der zweiten Variante rechneten die Experten mit durchschnittlich 1,2 Millionen Bewerbern im kommenden Jahr.

 

Je nach Szenario schwanken die Kosten für Länder und Gemeinden zwischen sieben und 16 Milliarden Euro. Daraus ergibt sich nach Berechnung des Städtetages eine Finanzlücke von drei bis 5,5 Milliarden Euro, die die Länder und Kommunen überfordert. Grundsätzlich könnte der Bund diese Mittel zur Verfügung stellen.

 

Die Aufwendungen beinhalten unter anderem die höheren Ausgaben für Unterbringung und Verpflegung hunderttausender Menschen. Die Stadtverwaltungen widmen leerstehende Gebäude um, bezahlen Betten und Schränke und finanzieren das Sicherheitspersonal. Oft lassen sie Containersiedlungen errichten, weil es nicht genug feste Unterkünfte gibt. Dabei schlägt zu Buch, dass beispielsweise die Container wegen der großen Nachfrage teurer werden.

 

Nicht umsonst ist auch alles das, was Fachleute als Integration bezeichnen. Dazu zählen etwa die Kosten für zusätzlichen Schulunterricht in Willkommensklassen, Gehälter für Lehrer und Ausgaben für Deutschkurse. Denn die meisten Politiker sind sich darüber einig, dass die Zuwanderer, die hier bleiben dürfen, möglichst schnell Deutsch lernen sollen, um später selbst durch bezahlte Arbeit für ihren Lebensunterhalt sorgen zu können. Der Städtetag rechnet alleine mit Integrationskosten von bis zu drei Milliarden Euro, wobei nur etwa eine Milliarde schon 2016 fällig werde. Zum Vergleich: Drei Milliarden Euro sind größenordnungsmäßig etwa so viel, wie 50.000 Bundesbeamte pro Jahr erhalten oder der Bau von 300 Kilometer Autobahn ausmacht.

 

Die bisherigen Finanzzusagen des Bundes reichen nach Ansicht des Städtetages nicht. Die große Koalition und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) haben kürzlich beschlossen, den Kommunen im kommenden Jahr 670 Euro pro Flüchtling zu überweisen. Einkalkuliert sind vier bis 10,5 Milliarden Euro aus Kassen des Bundes. Im 16-Milliarden-Szenario fehlen demnach 5,5 Milliarden Euro.

 

Solche Summen gefährden nicht die „Stabilität des öffentlichen Gesamthaushaltes“, weiß der Städtetag. Gleichwohl stellt sich die Frage, woher das Geld kommen soll. Eine Variante: Der Bund deckt die Lücke. Das ist vermutlich kein Problem, denn regelmäßig fallen die Steuereinnahmen wegen der gut laufenden Wirtschaft und der steigenden Zahl von Arbeitsplätzen höher aus als erwartet. Die nächste Steuerschätzung kommt Anfang November.

 

Kristina van Deuverden vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin sagt: „Sollte der Bund die errechnete Finanzlücke von 5,5 Milliarden Euro decken wollen, wäre das für den Bundeshaushalt 2016 verkraftbar. Aus der schwarzen Null würde dann vielleicht eine rote Null.“ Finanzminister Schäuble will auch im kommenden Haushalt 2016 ohne neue Schulden auskommen. Möglicherweise wird ihm das – mehr oder weniger – auch angesichts der hohen Zahl von Flüchtlingen gelingen.

 

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Arme und reiche Regionen

Allgemein habe sich die Finanzlage der Kommunen trotz des Wirtschaftsaufschwungs und hoher Steuereinnahmen nicht grundlegend verbessert, erklärte der Städtetag. So stiegen die Kassenkredite aller Kommunen im vergangenen Jahr von 48 Milliarden auf 49,2 Milliarden Euro. Die regionale Kluft ist gewaltig. So mussten sich vor allem Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zusätzlich verschulden, um ihre Aufgaben zu erfüllen.

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