Konferenz für Elektroautos vergisst Stromtankstelle

Um die Zahl von Stromfahrzeugen auf deutschen Straßen zu erhöhen, stellt Kanzlerin Merkel eine neue finanzielle Förderung in Aussicht

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Von Hannes Koch

15. Jun. 2015 –

Auf der Fahrt mit seinem Elektrosportwagen nach Berlin ist Christian Klaiber nicht liegengeblieben. Der Strom hat gereicht. Denn der Unternehmer aus Trossingen in Baden-Württemberg fährt ein US-Modell der Marke Tesla. Wer den Kaufpreis von 100.000 Euro finanzieren kann, erwirbt damit einige Vorteile: Die Elektrobatterien der Luxusfahrzeuge reichen für mehrere hundert Kilometer. Zusätzlich betreibt die US-Firma ein ausgedehntes Netz mit Stromtankstellen auch in Deutschland.

 

So unproblematisch wie in diesem Fall funktioniert Autofahren mit Elektrizität in Deutschland aber selten. Deswegen lud die Bundesregierung für Montag und Dienstag zur Nationalen Konferenz Elektromobilität ein. Mit hunderten Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft wollte man über bereits erreichte, vor allem jedoch über noch zu stemmende Fortschritte bei der Elektromobilität debattieren.

 

Die zentrale Frage lautet: Wie bringt man in Deutschland mehr Elektrofahrzeuge auf die Straßen? „Obwohl wir schon einiges gemacht haben, werden wir um eine weitere Förderung nicht herumkommen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie stellte in Aussicht, dass die Regierung noch dieses Jahr eine Entscheidung über neue Subventionen treffen werde.

 

Zur Diskussion steht dabei eine Sonderabschreibung für die Käufer von Elektrofahrzeugen. Dadurch würde der Kaufpreis sinken. Henning Kagermann, der Chef der Nationalen Plattform Elektromobilität, forderte eine solche Steuerreduzierung für die Betreiber von großen Fahrzeugflotten. Das Bundesfinanzministerium prüft augenblicklich, wie sich dies organisieren ließe.

 

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel fasste die Lage so zusammen: „Wir sind noch nicht gut genug.“ Wenn Deutschland das offizielle Ziel erreichen wolle, bis 2020 rund eine Million Elektrofahrzeuge in den Verkehr zu schicken, müsse noch einiges passieren, so Gabriel. Er machte einige Vorschläge: Bund, Länder und Gemeinden sollten ein gemeinsames öffentliches Beschaffungsprogramm starten, um beispielsweise Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeuge und Behörden-Pkw mit Elektromotoren zu kaufen. Die Deutsche Post DHL unternimmt hier schon erste Schritte: Sie hat ein elektrisch betriebenes Zustellfahrzeug entwickeln lassen, den sogenannten Streetscooter.

 

Außerdem sei es unbedingt nötig ein einheitliches, flächendeckendes Lade- und Abrechnungssystem aufzubauen, sagte Gabriel. Es müssten mehr Ladestationen errichtet, die unterschiedlichen Stecker vereinheitlicht und die Abrechnung des getankten Stroms erleichtert werden. Zwischen 2016 und 2018 sollen 161 Millionen Euro in die Erforschung alternativer Antriebe fließen, bestätigte das Verkehrsministerium.

 

Die Bundesregierung will bei der Elektromobilität weiterkommen, um den Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase zu verringern. Aber es gibt auch einen industriepolitischen Grund: Auf die Dauer wird die deutsche Autoindustrie weniger Fahrzeuge verkaufen, wenn sie nicht klimaneutrale Autos anbieten kann. Denn es ist damit zu rechnen, dass viele Staaten Gesetze erlassen, um die Emissionen des motorisierten Verkehrs zu senken. Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig betonte deshalb, dass Deutschland unbedingt eine konkurrenzfähige Produktion für Batterien brauche, die die Elektromotoren antreiben können. Heute haben die deutschen Unternehmen dabei einen Rückstand auf japanische und US-Hersteller.

 

Mittlerweile bieten die deutschen Fahrzeughersteller von BMW über Daimler bis zu VW zwar knapp 30 Modelle an, die teilweise oder ganz mit Elektromotoren ausgestattet sind. Trotzdem wurden erst rund 30.000 Wagen für den Verkehr zugelassen. Diese Menge bewegt sich in der Größenordnung von 0,1 Prozent aller Pkw auf deutschen Straßen. Die Gründe: Die Stromfahrzeuge sind meist teurer als benzin-getriebene Autos, ihre Reichweite ist mit 100 bis 200 Kilometern zu gering, und die Zahl der Stromtankstellen reicht nicht aus. Lange Fahrten in den Urlaub – oder von Baden-Württemberg zu einer Konferenz nach Berlin - sind mit den Öko-Mobilen deshalb schwierig und abenteuerlich.

 

Daran ändert auch das Elektromobilitätsgesetz grundsätzlich nichts, das der Bundestag Ende März beschlossen hat. Zwar dürfen Kommunen nun kostenlose Parkplätze für Elektrofahrzeuge und die Nutzung von Busspuren anbieten. Ob diese Vorteile aber reichen, eine große Zahl von Autofahrern zum Umsteigen zu bewegen, bezweifelten auch einige Teilnehmer der Berliner Konferenz. Wie weit der Weg noch ist, zeigte auch dieser Umstand: Ladesäulen für Elektroautos hatten die Organisatoren des Treffens am Alexanderplatz vergessen.

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