• Dr. Doris Pfeiffer, © GKV

Krankenkassenbeiträge bleiben vorläufig stabil

Zuwanderer sorgen für ein dickes Plus bei den Einnahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung. Experten warnen aber vor einer anstehenden Kostenexplosion, die zu steigenden Zusatzbeiträgen führen würde.

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Von Wolfgang Mulke

15. Jul. 2017 –

Die Mitglieder der gut 110 Krankenkassen in Deutschland können sich vorerst über stabile Beiträge freuen. „Wir erwarten nicht, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag erhöht wird“, sagt die Chefin des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung, Doris Pfeiffer. Dafür sorgt eine deutlich verbesserte finanzielle Lage der Kassen. Auf eine längerfristige Prognose will sie sich aber nicht festlegen

Auch werden davon kaum alle Versicherten profitieren. Im vergangenen Jahr hatte fast ein Drittel von ihnen weniger als die Hälfte einer Monatsausgabe als Reserve zur Verfügung. Das deutet darauf hin, das einzelne Einrichtungen den Zusatzbeitrag für ihre Versicherten trotz der positiven Gesamtentwicklung anheben müssen. Derzeit kostet der Zusatzbeitrag die Versicherten durchschnittlich 1,1 Prozent vom Bruttolohn, also elf Euro bei einem Verdienst von 1.000 Euro. Diesen Teil des Beitrags müssen die Arbeitnehmer und Rentner alleine bezahlen.

Die Kassen stehen damit besser da als erwartet. Für die gute Lage sorgen einerseits steigende Löhne und die gut laufende Konjunktur, andererseits ein nicht vorhersehbarer Zuwachs an Beitragszahlern. Im Juni 2017 zählten die Krankenkassen 55,5 Millionen Mitglieder, 900.000 mehr als ein Jahr zuvor. Das ist die Folge einer starken Zuwanderung. Junge Männer und Frauen aus anderen EU-Ländern erweisen sich als Segen für das Gesundheitswesen, ebenso anerkannte Flüchtlinge mit regulärer Arbeit und Wechsler aus der Privaten Krankenversicherung (PKV).

„Die Neuzugänge verursachen deutlich weniger Ausgaben als gleichaltrige im Versicherungsbestand“, berichtet Pfeiffer. Als Grund dafür vermutet sie, dass vor allem Menschen aus ihrer Heimat fortziehen, die fit sind. Langfristig würden sie sich dann erfahrungsgemäß ähnlich viele Leistungen in Anspruch nehmen wie die ansässige Bevölkerung. Auf jeden Fall haben die jungen Spanier, Griechen oder Syrer den Überalterungsprozess bei den Versicherten angehalten. Unter den deutschen Versicherten ist die Altersgruppe um die 50 Jahre am stärksten vertreten. Die versicherten Zuwanderer sind in der Regel zwischen 25 und 30 Jahre alt. „Seit drei Jahren steigt der Altersdurchschnitt in der GKV nicht mehr“, sagt Pfeiffer.

Ein Aspekt fehlt in dieser Bilanz jedoch, wie die Verbandschefin zugeben muss. Einige Hunderttausend Flüchtlinge haben keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und erhalten das Arbeitslosengeld II. Für diese entrichtet der Bund nur einen Monatsbeitrag von nicht ganz 100 Euro an die Krankenkassen. Der Betrag ist nach Angaben der Kassen nicht kostendeckend. Pfeifer rechnet zudem damit, dass viele der EU-Zuwanderer wieder ins Heimatland ziehen, wenn sich die wirtschaftliche Lage zuhause wieder gebessert hat.

Die finanziell entspannte Zeit für die Krankenkassen wird nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach bald vorbei sein. “In Zukunft werden die Kosten stetig steigen“, schätzt der Politiker. Allein bei Krebsmedikamenten rechnet der Experte mit Mehrkosten von 30 Milliarden Euro in den kommenden 15 Jahren. „Das ist die Ruhe vor dem Sturm“, sagt er zur aktuell erfreulichen Entwicklung.

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