Kündigung erlaubt
Stromversorger dürfen Kunden bei Preiserhöhungen das Sonderkündigungsrecht nicht verwehren – auch nicht, wenn der Preis aufgrund der Ökostrom-Umlage steigt
20. Feb. 2013 –
Erhöht der Stromversorger den Preis, können Kunden den Vertrag fristlos kündigen. Doch gilt das auch für Preiserhöhungen, die der gestiegenen Ökostrom-Umlage, auch EEG-Umlage genannt, geschuldet sind? Um diese Frage herrschte bisher Streit zwischen Energielieferanten und Verbrauchern. Für Klarheit sorgt nun das Bundesverbraucherministerium.
Steigt der Strompreis aufgrund der Ökostrom-Umlage, haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht, heißt es aus der Pressestelle des Ministeriums auf Anfrage dieser Zeitung. Diese Antwort dürfte nicht nur Energiekunden freuen, sondern auch die Verbraucherzentralen, die immer wieder auf den Plan gerufen werden, weil Stromanbieter ihre Kunden partout nicht aus dem Vertrag lassen wollen. Ihr Trick: Mit Preisänderungsklauseln in den AGB schließen sie die Kündigung aus.
Den Strommarkt teilen sich die meist teureren Grundversorger wie E.on, RWE oder Vattenfall und die häufig billigeren Wettbewerber wie Stromio, Yellow Strom oder ExtraEnergie. Ersteren macht das Gesetz strengere Vorschriften. Sie müssen beispielsweise ihre Kunden innerhalb von 14 Tagen aus dem Energieliefervertrag lassen. Die Konkurrenz kann in ihren AGB längere Laufzeiten vereinbaren – und macht bisweilen auch von den besagten Preisänderungsklauseln Gebrauch. So hält sich beispielsweise Stromio das Recht zur „Weitergabe gesetzlich vorgeschriebener vom Lieferanten jeweils nicht beeinflussbarer Steuern, Abgaben oder hoheitlicher Belastungen“ vor. Unter Letzteres fallen laut AGB unter anderem die EEG- und die Offshore-Umlage.
Verbraucherschützer wie der Jurist Jürgen Schröder von der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale hielten schon in der Vergangenheit derartige Preisänderungsklauseln für unwirksam. Schließlich sage das Energiewirtschaftsgesetz, dass Letztverbraucher den Vertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen können, wenn der Lieferant die Vertragsbedingungen einseitig ändert. Die wohl wichtigste Vertragsbedingung sei eben der Strompreis.
Die Energielieferanten halten dagegen. Sie argumentieren, dass es sich bei der EEG- oder der neu eingeführten Offshore-Umlage um „staatlich veranlasste Kosten“ handele, auf die man keinen Einfluss habe. Es seien Posten, die man wie die Mehrwertsteuer auch, weitergeben müsse.
Gerichtsurteile zur Sache gibt es noch nicht. Das Bundesverbraucherministerium löst die Pattsituation nun auf. „Der Haushaltskunde kann gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 der Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) bei einer Erhöhung der Allgemeinen Preise (...) zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen fristlos kündigen“, sagt die Behörde. Ändere der Energielieferant bei Verträgen außerhalb der Grundversorgung die Vertragsbedingungen einseitig, zum Beispiel bei Preisänderungen, könne der Letztverbraucher den Vertrag gemäß § 41 Abs. 3 Satz 2 EnWG ebenfalls fristlos kündigen.
Zur Begründung fügt man an: Die EEG-Umlage und auch die Netzentgelte müssten die Energieversorger an den jeweiligen Netzbetreiber bezahlen. Die EEG-Umlage sei damit wie das Netzentgelt und alle anderen Kosten lediglich ein Kalkulationsposten des Stromhändlers. Die Erhöhung der Umlage führe also nicht automatisch oder gesetzlich bedingt zu einer Preiserhöhung.
Tipp: Verbraucher, die im Zusammenhang mit der Kündigung Probleme mit ihrem Stromanbieter haben, können sich an ihre Verbraucherzentrale oder die Schlichtungsstelle Energie (www.schlichtungsstelle-energie.de) wenden.