Künftig Barentschädigung bei Zugverspätung

Kabinett beschließt erweiterte Fahrgastrechte für Bahnkunden

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Von Wolfgang Mulke

01. Okt. 2008 –

Die Bundesregierung will die Rechte der Bahnkunden stärken. Künftig müssen Bahnunternehmen Fahrgäste bei Verspätungen entschädigen. Läuft ein Zug mehr als eine Stunde nach der planmäßigen Ankunftszeit im Bahnhof ein, werden 25 Prozent des Fahrpreises erstattet. Trifft die Bahn mehr als zwei Stunden verspätet ein, wird die Hälfte der Ticketkosten zurückgezahlt. „Der Betrag muss dem Fahrgast auf Wunsch bar ausgezahlt werden“, teilte das Justizministerium am Mittwoch in Berlin mit. Alle Ersatzleistungen müssen jedoch nur erbracht werden, wenn das Bahnunternehmen die Schuld an der Unpünktlichkeit trägt. Unfälle auf den Gleisen oder andere unbeeinflussbare Ereignisse befreien die Bahnen von der Schadenersatzpflicht.

 

Bislang entschädigt die Deutsche Bahn ihre Kunden auf freiwilliger Basis. Es gibt im Ernstfall aber nur Gutscheine, die beim Kauf des nächsten Tickets angerechnet werden. Mit der Neuregelung nimmt die Bundesregierung eine EU-Regelung vorweg. Der Bundestag muss dem Gesetz noch zustimmen. Die Entschädigungsregelung soll noch vor der Hauptreisezeit des kommenden Jahres in Kraft treten. „Die Bahnfahrer sollen so schnell wie möglich verbesserte Rechte erhalten“, begründete Justizministerin Brigitte Zypries die Eile.

 

Eine ganze Reihe ergänzender Regelungen stärken zudem die Rechte der Verbraucher. So müssen Bahnunternehmen den Kunden eine kostenlose Hotelunterkunft anbieten, wenn aufgrund einer Verspätung eine Übernachtung nötig wird. Auch im Nahverkehr werden die Passagiere besser gestellt. Darunter fallen Fahrten von weniger als einer Stunde oder eine Distanz von weniger als 50 Kilometern. Bei den Barentschädigungen werden Nahverkehrskunden aufgrund der geringen Transportgebühr meist leer ausgehen. Denn es wird eine Bagatellgrenze von vier Euro eingeführt. Erst ab diesem Betrag muss eine Erstattung ausgezahlt werden. Ist im Nahverkehr eine Verspätung von mehr als 20 Minuten absehbar, darf der Fahrgast auf einen anderen Zug umsteigen, der dieselbe Strecke bedient, statt mit der Regionalbahn also beispielsweise mit dem ICE fahren. Das gilt allerdings nur für Züge, bei denen keine umfassende Reservierungspflicht besteht wie es etwa bei den Nachtzügen der Fall ist. In der Zeit zwischen 23.00 Uhr abends und 5.00 Uhr morgens dürfen Fahrgäste auf ein Taxi umsteigen, wenn sie wegen einer Verspätung nicht rechtzeitig am Ziel sind. Zypries sieht hier aber eine Begrenzung der Kosten auf 50 Euro pro Fahrt vor. Fällt der letzte nach 20.00 Uhr verkehrende Nahverkehrszug aus, darf der Kunde sich ebenfalls ein Taxi rufen.

 

Darüber hinaus sieht das Gesetz eine bessere Entschädigungsregelung bei Unfällen und erleichterte Zugänge zu den Stationen für Behinderte vor. Auch die Schlichtungsstelle Mobilität, an die sich Bahnkunden bei Beschwerden wenden können. wird von Zypries gestärkt.

 

Die Union und Verkehrsverbände begrüßen die neuen Fahrgastrechte, fordern jedoch Nachbesserungen. Der Verkehrsclub Deutschland fordert Entschädigungen bereits ab einer Verspätungszeit von 30 Minuten. Die Union will die Obergrenze für Taxikosten auf 100 Euro verdoppeln, weil die Kunden aus dem ländlichen Raum sonst draufzahlen müssten.

 

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