Kunst
Kommentar
05. Dez. 2008 –
Eine Arbeitsstelle ist im Gegensatz zu früher noch längst kein Garant für ein finanziell gesichertes Leben. Vom alten Konsens, dass Vollzeitbeschäftigte von ihrem Erwerbseinkommen leben können müssen, hat sich Deutschland in den letzten Jahren nach und nach entfernt.
1,3 Millionen Aufstocker zählt die Statistik heute. Das sind Arbeitnehmer, bei denen der Lohn geringer ist als das Arbeitslosengeld II. Der Staat muss etwas drauf legen, damit diese Beschäftigten über die Runden kommen. Die Entwicklung war teilweise gewollt. Denn es ist immer noch besser, Arbeit zu finanzieren, als Arbeitslosigkeit. Die Förderung von Geringverdienern hat vielfach einen positiven Effekt. Es sind neue Stellen entstanden, für die nur wenig Geld bezahlt wird. Damit ist vor allem der größten Problemgruppe am Arbeitsmarkt geholfen worden, den Unqualifizierten.
Leider hatte diese Therapie erhebliche Nebenwirkungen. Das Lohnniveau ist auf breiter Front ins Rutschen geraten. In vielen Berufen gibt es heute so gut wie keine reguläre Beschäftigung mehr. In Friseurgeschäften oder in der Gastronomie arbeiten vornehmlich Billigjobber. Dieser Trend blieb nicht auf die unteren Lohngruppen beschränkt. Der Lohndruck besteht auch bei früher gut bezahlten Facharbeitern. Hier spielt die Konkurrenz der Leiharbeiter eine beträchtliche Rolle.
Die Entwicklung hat demnach zwei Seiten, zwischen denen abzuwägen ist. Einerseits entsteht leichter Beschäftigung, weil die Arbeitskosten sinken. Andererseits droht ein flächendeckender Lohndruck zulasten aller Arbeitnehmer. Von selbst reguliert sich dieser Prozess nicht. Solange Unternehmen billiger an Arbeit kommen, nutzen sie die Chance auch ohne Blick auf das Große und Ganze. Deshalb muss der Gesetzgeber Schranken einziehen und Mindestlöhne setzen. Die Kunst besteht im richtigen Maß der Untergrenze. Sie muss ein Überleben aus eigener Kraft sichern und darf zugleich kein Jobkiller sein.