Kurs halten im Sturm der Finanzkrise

Die Verschuldung im Bundeshaushalt 2009 steigt um acht auf 18,5 Milliarden Euro. Trotzdem meinen die Haushaltspolitiker Kampeter (CDU) und Schneider (SPD), weiter auf dem Weg der Konsolidierung zu sein

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Von Hannes Koch

21. Nov. 2008 –

In diesen Tagen ist es für Politiker kein Spaß, irgendwo Geld sparen zu wollen. Die Zeichen stehen auf Sturm. Der Taifun der Finanz- und Wirtschaftskrise hat auch den Bundeshaushalt für 2009 durcheinander gewirbelt. Statt 10,5 Milliarden Euro weist der Etatentwurf nun neue Schulden in Höhe von 18,5 Milliarden Euro aus.

 

Das schmerzt besonders Steffen Kampeter (CDU) und Carsten Schneider (SPD). Die beiden Haushaltsexperten ihrer Fraktionen im Bundestag stemmen sich tapfer gegen das Unheil. „Haushaltspolitik ist keine Schönwetterveranstaltung, bei Nebel und Gischt müssen wir erst recht Kurs halten“, sagt Hobby-Segler Kampeter.

 

Jahrelang war es ihr Ziel, endlich einmal einen Haushalt ohne Schulden vorzulegen. Beinahe hätten sie es geschafft. Dann kam die Krise. Und mit ihr der Abschied vom Sparen. Gerade während der Haushaltsverhandlungen der vergangenen Woche gingen bei Kampeter und Schneider neue Ausgabenwünsche der Parteien und Ministerien in Milliardenhöhe ein – oft trickreich begründet mit der Finanzkrise. Die meisten konnten die Finanzexperten abwehren. Der Anstieg der Ausgaben 2009 hält sich deshalb in Grenzen. „Die Konsolidierung des Haushaltes muss jeden Tag erkämpft werden“, sagt Kampeter.

 

Wenn der Bundestag den 290 Milliarden Euro umfassenden Etat nächste Woche verabschiedet, sollen die Ausgaben gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf unter dem Strich um rund 1,6 Milliarden Euro steigen. Der Grund dafür ist vor allem das neue Konjunkturprogramm, das die Bundesregierung aufgelegt hat, um die Rezession zu bekämpfen. Die Mittel fließen unter anderem in den schnelleren Ausbau von Straßen und Schienen. Deshalb wächst der Etat von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) um gut eine Milliarde Euro – viel stärker als alle anderen Ausgaben. Auch Bildungsministerin Anette Schavan (CDU) erhielt 124 Millionen Euro mehr für Investitionen in Forschungsausrüstung.

 

Während die FDP die in ihren Augen unzureichenden Sparanstrengungen monierte, und die Linke die soziale Schieflage des Haushaltes kritisierte, konzentrierte sich der grüne Haushaltspolitiker Alexander Bonde auf die Unwägbarkeiten des Etats. Kampeter und Schneider warf er vor, ihr „Entwurf habe nichts mit der Realität zu tun“.

 

Die Unsicherheiten sind in der Tat beträchtlich. So unterstellt die große Koalition bei ihren Planungen, dass die deutsche Wirtschaft nächstes Jahr um 0,2 Prozent wächst. Die scharfe Rezession, die sich weltweit abzeichnet, könnte diese Prognose rasch ins Negative verkehren. Dass die Ökonomie schrumpft, anstatt zu wachsen, ist nicht unwahrscheinlich. Dann aber würden auch die notwendigen Ausgaben stärker zunehmen. Die Entwicklung lasse sich nur schwer vorhersehen, argumentiert dagegen Steffen Kampeter. „Von welcher der vielen unsicheren Prognosen soll ich ausgehen?“, fragt der CDU-Politiker.

 

Schon jetzt ist freilich absehbar, dass die Europäische Union auf ein umfangreiches Konjunkturprogramm drängt. Dieses könnte die Bundesregierung ein Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung, also rund 25 Milliarden Euro, kosten. Im Entwurf des Bundeshaushalts ist davon nichts zu lesen.

 

Auch die möglicherweise ausfallenden Bundesbürgschaften für die kriselnden Banken kommen nicht vor. Die Bundesregierung geht zwar davon aus, dass bis zu 20 Milliarden Euro Ausgaben fällig werden könnten. Doch im Haushalt steht auch davon nichts. „Die Bürgschaften bringen am Ende noch Geld“, glaubt Carsten Schneider und verweist auf die Gebühren, die die Banken an den Bund zahlen müssen.

 

Ein weiterer Posten, der für unangenehme Überraschungen sorgen könnte, verbirgt sich im Haushalt von Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD). Anstatt zu steigen, wie man es angesichts der schlechten Aussichten erwarten könnte, sollen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II sinken. Kampeter rechtfertigt sich damit, dass an anderer Stelle finanzielle Puffer von mehr als zwei Milliarden Euro nur darauf warteten, genutzt zu werden.

 

All das findet der Grüne Alexander Bonde rechlich abstrus. Seine Prognose: Das kommende Haushaltsjahr werde nicht mit knapp 20 Milliarden Euro neuer Schulden enden, sondern mit gut 40 Milliarden. Ob Steffen Kampeter, der das Segeln auf dem heimatlichen Steinhuder Meer in Niedersachsen gelernt hat, seinen Kurs trotz des Sturms der Krise halten kann, wird man bald sehen.

 

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