• Montage von Mobisol-Solarmodulen in Tansania |Foto: Mobisol
    Montage von Mobisol-Solarmodulen in Tansania |Foto: Mobisol

Licht aus Kreuzberg

Mobisol liefert kleine Solarkraftwerke für die netzlose Stromversorgung nach Ostafrika

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Von Hannes Koch

22. Dez. 2015 –

Dieser Raum soll einen Eindruck vermitteln, wie Menschen in Tansania leben. In dem nachempfundenen Wohnzimmer stehen ein rotes Sofa mit Deckchen und ein Tisch, ein Jesusbild und ein Regal mit Töpfen hängen an der Wand. Außerdem gibt es einen Flachbildfernseher, eine kleine Musikanlage, eine elektrische Lampe und „ganz wichtig, das Bügeleisen“, sagt Thomas Duveau. Bei der Berliner Firma Mobisol kümmert er sich um die Geschäftsentwicklung. Dafür ist es gut, sich in die Lage der Kunden zu versetzen.

 

Besonders dann, wenn diese 6.500 Kilometer Luftlinie entfernt in ganz anderen Situationen leben. Mobisol sitzt im vierten Stock eines alten Postgebäudes in Berlin-Kreuzberg. Unten im Haus ist ein Musik-Club. Die bisher etwa 30.000 Kunden der Firma leben im nördlichen Tansania und Ruanda. Ihnen hat Mobisol selbstentwickelte Solar-Kraftwerke verkauft, die den afrikanischen Haushalten und Geschäftsleuten einen Sprung ins 21. Jahrhundert ermöglichen.

 

Das Kreuzberger Unternehmen liefert, woran die Klimakonferenz von Paris ab Ende November auf politischer Ebene arbeitet: Energiewende plus Entwicklung. Das Produktpaket besteht aus Solarzellen, Batteriespeichern inklusive Steuereinheit, LED-Lampen, Flachbildschirmen, Radios und Aufladestationen für Smartphones.

 

Das Geschäftsmodell sieht so aus: Duveau und seine gut 400 meist afrikanischen KollegInnen verkaufen klimaneutrale Stromversorgung für Wohnhäuser und kleine Betriebe. Wie in vielen Staaten Afrikas gibt es in großen Teilen Tansanias und Ruandas kein Stromnetz. Die Leitungen zu verlegen, würde Jahrzehnte dauern und die Ressourcen der Staaten möglicherweise überfordern. Kleinkraftwerke bieten daher einen Ausweg: Sie ermöglichen Stromversorgung ohne Elektrizitätsnetz. Bezahlt werden die Anlagen mit Überweisungen via Handy oder Smartphone.

 

Zum einen liege der Vorteil darin, sagt Duveau, dass die Käufer auf die rußenden Petroleum-Lampen und dieselbetriebenen Stromgeneratoren verzichten könnten. Zweitens sparten sie mit der Eigenerzeugung von Solarstrom Geld. Er macht diese Rechnung auf: Viele Privathaushalte und Geschäfte in Tansania und Ruanda gäben monatlich rund 50 Euro für Diesel aus. Eine 80-Watt-Anlage von Mobisol, die den Generator ersetzt, koste sie dagegen monatlich knapp 20 Euro. Der Kaufpreis von rund 700 Euro wird in 36 Monatsraten abbezahlt – Garantie und Wartung sind inklusive. Danach ist der Kunde Eigentümer der Anlage, und der Wartungsvertrag kostet rund drei Euro monatlich.

 

Bisher habe es kaum Zahlungsausfälle gegeben, sagt Duveau, schwarzer Vollbart, Jeans, aufgekrempelte Hemdsärmel. Nur 2,6 Prozent der Käufer hätten die Raten nicht rechtzeitig überwiesen. Wenn das längere Zeit passiert, schaltet Mobisol die jeweilige Anlage ab. Das ermöglichen der integrierte Computer und die Mobilfunkkarte. Auch die technische Kontrolle aus der Ferne lässt sich so bewerkstelligen. Ist etwas kaputt, fährt einer der Techniker raus auf's Land. Beispielsweise in der tanzanischen Großstadt Arusha am Fuße des Mount Meru betreibt Mobisol eine Niederlassung, die zehn Außenposten versorgt. Dort arbeiten jeweils sechs Leute. Per Motorrad oder Fahrrad transportieren sie die verpackten Anlagen, die gut auf einen Gepäckträger passen, zu den Kunden.

 

Bei Mobisol in Kreuzberg steht im langen Flur ein Klavier. In der großen, offenen Küche darf der Kicker nicht fehlen. In einer Ecke des Chefbüros findet sich ein Kinderbettchen. Weiter hinten ist die Werkstatt, in denen die Prototypen gelötet und geschraubt werden. Während die Produktion der Computerteile in Schwedt an der Oder stattfindet, kommen die Solarzellen, Batterien, Lampen und Bildschirme aus China. „Wir sind eine solide deutsche Ingenieursfirma“, sagt Duveau. Einer der wichtigsten Investoren, die Anteile halten, ist selbst in der hiesigen Solarindustrie reich geworden. Mittlerweile trage Mobisol sich aber selbst. Duveau: „Wir schreiben eine schwarze Null“. Der Umsatz in diesem Jahr übersteige 20 Millionen Euro. Nach Tansania und Ruanda werde man demnächst das dritte Land in Afrika beliefern – vielleicht Kenia oder Nigeria.

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