Lieber nicht zu den Nachbarn

Bürger verbringen ihre Freizeit immer weniger mit anderen – und hätten gerne öfter Sex

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28. Aug. 2012 –

Die Deutschen  werden angeblich immer ungeselliger. Emails checken, am Computer sitzen und im Internet surfen: Diesen Beschäftigungen gehen die Menschen hierzulande laut einer Studie häufiger regelmäßig nach. Mit den Nachbarn plaudern, spazieren gehen oder Freunde treffen: Solche Dinge scheinen zunehmend in den Hintergrund zu rücken. „Die Deutschen lieben es bequem in den eigenen vier Wänden“, beobachtet Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen.

 

Für ihren „Freizeit Monitor 2012“ hat die Stiftung untersucht, wie sich die Freizeitgestaltung der Menschen im Laufe der Jahre gewandelt hat. Vor dem PC saßen demnach vor fünf Jahren 44 von 100 Bürgern mindestens einmal pro Woche. Heute sind es 55. Die Nachbarn besuchte 2007 immerhin die Hälfte von 100 Befragten regelmäßig. Heute sind es nur noch 43. „Die sozialen Aktivitäten gehen zurück“, sagt Wissenschaftler Reinhardt. Zudem würden die Menschen heute auch häufiger ausschlafen, sich einen erotischen Abend mit dem Partner machen oder Sex haben.

 

Sex haben und länger schlafen würden die Deutschen im Übrigen gerne noch häufiger zu ihren Freizeitaktivitäten zählen. Auch spontaner würden sie gerne öfter sein. Woran es denn liegt, dass diese Dinge häufig zu kurz kommen, lässt die Untersuchung unbeantwortet. Wie viel Zeit einem berufstätigen Bundesbürger jährlich im Schnitt zur freien Verfügung bleibt, hat man ausgerechnet –  nämlich 8.760 Stunden. Dem gegenüber stehen 1.600 Stunden, die der Durchschnittsberufstätige im Jahr mit Arbeiten verbringt, was 18 Prozent der Jahreszeit entspricht.

 

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Auch das geht  aus der Studie hervor, für die 4.000 Personen ab 14 Jahren befragt wurden. Seit den 1980er Jahren stehen Fernsehen und Radio hören, Telefonieren und Zeitung lesen ununterbrochen auf den ersten Plätzen der Freizeitaktivitäten der Bundesbürger. Daran hat sich auch 2012 nichts geändert. „Das Fernsehen bleibt weiterhin das Leitmedium der Deutschen“, so Reinhardt. 98 Prozent schalteten  regelmäßig den Fernseher ein.

 

Nicht dem Fernsehen, dem Radio oder der Zeitung, sondern den neuen Medien gehöre die Zukunft. Davon ist der wissenschaftliche Leiter der Stiftung überzeugt. Smartphones, Internet, Tablet-PCs und Co. spricht Reinhard „nach wie vor ein enormes Steigerungspotential“ zu. Fast zwei Drittel der Deutschen telefonierten mittlerweile mobil – 15 Prozent mehr als 2007. Vier von fünf unter 35-Jährigen und immerhin noch mehr als die Hälfte der 35 bis 54-Jährigen seien regelmäßig im World Wide Web unterwegs.

 

Dass Computer oder Tablet-PCs alte Medien wie Fernseher, Radio oder Zeitung verdrängen, glaubt Reinhardt indes nicht. Es werde ein Nebeneinander der Angebote geben, ist er überzeugt. Schließlich gäben zum Beispiel 91 Prozent der älteren Befragten an, auf die Zeitung nicht verzichten zu können.

 

 

 

„Freizeit Monitor 2012“: Raucher Fehlanzeige

 

Die Stiftung für Zukunftsfragen, die den „Freizeit Monitor 2012“ herausgebracht hat, ist eine Initiative des Tabakkonzerns British American Tobacco. In Bayreuth und Bremen produziert das globale Unternehmen beispielsweise Zigaretten oder Zigarillos. Mit der Stiftung will der Konzern einen „Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft“ leisten und damit wohl den Ruf der Tabakindustrie in der Öffentlichkeit verbessern.

 

Massiv stehen Tabakhersteller aufgrund ihrer gesundheitsschädlichen Produkte unter Druck. Im „Freizeit Monitor 2012“ spielen Zigaretten, Zigarren oder Zigarillos übrigens keine Rolle: Sämtliche Aktivitäten haben die Forscher abgefragt – Golfen, Kaffeetrinken oder Kuchenessen, jedoch nicht das Rauchen.

 

  

 

 

 

   

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