Marktwächter für Finanzen und digitale Geschäfte

Verbraucherzentralen wollen schlechten Anbieter auf die Finger klopfen und Ross und Reiter öffentlich nennen.

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Von Wolfgang Mulke

26. Mär. 2015 –

Die Verbraucherzentralen prangern schlechte Finanzprodukte und Nepp bei digitalen Geschäften bald öffentlich an. Für beide Branchen übernehmen die Einrichtungen eine vom Bund finanzierte Marktwächterfunktion. „Wir wollen Missstände aufdecken“, sagt des Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller.

 

Die Verbraucherzentralen (VZ) aus zehn Bundesländern teilen sich die Aufgaben. Sie werten zunächst die Ergebnisse der eigenen Beratungen aus, um zu teuren, riskanten oder gar dubiosen Angeboten systematisch auf die Spur zu kommen. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden gebündelt. Auf diese Weise erkennen die Fachleute schnell, wenn ein Anbieter zu Lasten der Verbraucher agiert. Schneeballsysteme würden zum Beispiel frühzeitig auffallen und es könnte vor ihnen gewarnt werden.

 

Die Erkenntnisse bereiten die Marktwächter für die amtlichen Kontrollstellen auf. Im Falle des Finanzmarktes kommen dann zum Beispiel das für Finanzen zuständige Bundesaufsichtsamt BaFin oder bei digitalen Geschäften die Bundesnetzagentur zum Zuge. Die Behörden sollen die Fälle dann aufgreifen und sich die Anbieter vorknöpfen.

 

Verstoßen Anbieter gegen geltendes Recht, sollen sie von den VZ auch direkt öffentlich genannt werden. Zudem können die Marktwächter schwarze Schafe der beiden Branchen abmahnen oder Verbandsklagen anstreben. Noch in diesem Jahr will Müller ein Internetportal einrichten. Analog des bereits bestehenden Portals Lebensmittelklarheit können Verbraucher hier ihre Erfahrungen mit Finanzprodukten einbringen. Die Marktwächter prüfen die Vorwürfe und wollen bei Verstößen auch Ross und Reiter öffentlich nennen. Beim Vorbild geht es um die Verbrauchertäuschung bei Lebensmitteln. Dieser Internetpranger ist erfolgreich. Jedes dritte dort erwähnte Produkt wird von der Industrie verändert. Einen ähnlichen Effekt verspricht sich Müller bei Riester-Renten oder Fondssparplänen.

 

„Wir wollen das Kleinanleger und Sparer besser vor schlechten Produkten geschützt werden“, erläutert der Staatssekretär im Verbraucherministerium, Ulrich Kelber. 5,6 Millionen Euro stellt der Bund dafür bis 2017 jährlich bereit. Nötig ist die Unterstützung der Anleger allemal. So hat der vzbv bei der Auswertung Hunderter Beratungsgespräche massive Probleme der Verbraucher mit Finanzprodukten festgestellt. Acht von zehn Haushalten haben wenigstens einen Vertrag unterschrieben, der nicht ihrem Bedarf entspricht. Viele Produkte sind zu teuer, rentieren sich nicht, sind unflexibel oder riskant.

 

Noch stecken die Marktwächter im Aufbau. In diesem Jahr will der vzbv aber schon mit ersten Ergebnissen aufwarten. Im zweiten Halbjahr soll eine Sonderuntersuchung der Werbung und des Vertriebs im Grauen Kapitalmarkt vorgelegt werden. Außerdem nehmen die Fachleute die so genannten Standmitteilungen bei Renten- und Lebensversicherungen unter die Lupe. Mit den Ergebnissen sollen der Politik Hinweise auf Regulierungslücken gegeben werden. Eine Sonderuntersuchung wird es auch in der digitalen Welt geben. Hier widmen sich die Experten den Buchungs- und Vergleichsportalen im Internet.

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