Mattjes mit Mehrwert

Hering aus der westlichen Ostsee trägt nun das MSC-Zertifikat für nachhaltigen Fischfang. Greenpeace kritisiert die unsichere Datenlage

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Von Hannes Koch

21. Apr. 2015 –

Rollmops, Bismarck-Hering, Matjes – ein guter Teil dieser Fischprodukte aus deutscher Herstellung trägt jetzt das MSC-Siegel. In Kürze kommen sie in die Geschäfte. Das Zertifikat des „Marine Stewardship Council“ besagt, dass die Heringe in der westlichen Ostsee vor Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vergleichsweise schonend gefangen werden.

 

Offiziell darf die Erzeugergemeinschaft der Nord- und Ostseefischer in Cuxhaven das MSC-Siegel seit gestern verwenden. Die 38 Kutter des Unternehmens liefern bis zur Hälfte des Herings, den deutsche Unternehmen fangen können. Knapp ein Fünftel des in Deutschland verkauften Fischs ist Hering.

 

Die Organisation MSC hat sich zur Aufgabe gemacht, einen Kompromiss zwischen den Interessen der Fischindustrie und der Ökologie zu finden. Flotten, die das Siegel tragen, sollen so fangen, dass die Fischbestände in den Weltmeeren nicht weiter schrumpfen und sich möglichst erholen. Etwa neun Prozent des Fisch aus Wildfang sind mittlerweile mit dem MSC-Zertifikat ausgezeichnet. Bis 2020 soll der Anteil auf 20 Prozent steigen.

 

Wie für viele andere überfischte Arten sah es bis vor einigen Jahren auch für die Heringsschwärme in der Ostsee nicht gut aus. Ihr Bestand ging stark zurück, es gab zu wenig Nachwuchs. Mitte der 2000er Jahre war ein Tiefpunkt erreicht. Mittlerweile allerdings haben sich die Europäische Union und Norwegen auf ein neues Management der Heringsbestände geeinigt. Und das Thünen-Institut für Ostseefischerei, das dem Bundeslandwirtschaftsministerium untersteht, gibt Entwarnung. „Seit 2011 steigt der Heringsbestand an. Das Gesamtgewicht der Elterntiere hat den grünen Bereich 2014 wieder erreicht“, sagte Institutsleiter Christopher Zimmermann.

 

Damit die Bestände nicht wieder schrumpfen, müssen die MSC-Fischer nun vorsichtiger vorgehen. Beispielsweise sollen sie keine Schleppnetze verwenden, die den Meeresboden aufreißen. Außerdem müssen die Maschen so groß sein, dass kleinere Fische entkommen können. MSC will auch den Beifang reduzieren. Das ist die Menge der Meereslebewesen, die konventionelle Fischer verletzt oder tot wieder über Bord werfen.

 

Mit der Anpassung an den MSC-Standard tun die Fischer auch etwas für ihre ökonomische Zukunft. Hering ohne Siegel sei nur noch schwer zu verkaufen, sagte Uwe Richter, der Geschäftsführer der Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH auf Rügen, die die Fische der Erzeugergemeinschaft zerlegt. Mit Siegel seien dagegen bis zu 30 Prozent höhere Preise zu erzielen, so Richter.

 

Kritik gibt es allerdings auch am MSC. Greenpeace findet die Kriterien zu weich. „Die Datenlage ist zu unsicher, um dem Hering in der westlichen Ostsee ein Nachhaltigkeitszertifikat zu geben“, sagte Thilo Maack, Meeresbiologe der Umweltorganisation.

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