Mehr Geld für Flüchtlinge dank Überschüssen

Dem deutschen Staat geht es finanziell gut. Eine Milliarde Euro oder auch mehr Geld für Zuwanderer ist kein Problem

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Von Hannes Koch

26. Aug. 2015 –

Eine Milliarde Euro zusätzlich wird noch in diesem Jahr für die Flüchtlingshilfe zur Verfügung stehen. Davon können die Städte und Landkreise beispielsweise weitere Gebäude sanieren, um Einwanderer unterzubringen. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch. Finanziell ist das zur Zeit kein Problem, denn Bund, Länder und Gemeinden verzeichnen höhere Steuereinnahmen. Trotzdem gibt es auch andere gute Ideen, was sich mit dem Geld anfangen ließe.

 

Woher kommen die zusätzlichen Mittel?

Die Bundesregierung streckt die eine Milliarde Euro vor. Die Bundesländer müssen in den kommenden Jahren die Hälfte davon zurückzahlen.

 

Reicht das zusätzliche Geld angesichts der hohen Flüchtlingszahlen?

Vermutlich nicht. Mit dem Blick auf die überbelegten Unterkünfte hält unter anderem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eher drei Milliarden Euro in diesem Jahr für angemessen. Wenn 2015 tatsächlich etwa 800.000 Menschen in Deutschland Schutz suchen, könnte der Finanzbedarf auch um einige Milliarden höher ausfallen. Im September will sich die Bundesregierung wieder mit den Ministerpräsidenten der Länder zusammensetzen. Möglicherweise werden dann weitere Mittel für dieses und nächstes Jahr bereitgestellt.

 

Können wir uns das leisten?

Grundsätzlich ja. Dem deutschen Staat geht es finanziell augenblicklich ziemlich gut. Bund, Länder und Gemeinden werden unter dem Strich dieses Jahr mehr Geld einnehmen, als sie ausgeben, schätzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Aktuelle Zahlen bestätigen das: Im Vergleich zur bisherigen Haushaltsplanung hat der Bund bereits im ersten Halbjahr einen Überschuss von elf Milliarden Euro erzielt. Die Länder bekamen 2,6 Milliarden mehr, die Gemeinden 4,2 Milliarden Euro. Der Grund ist die gute Wirtschaftsentwicklung. Deshalb steigen die Steuereinnahmen. Auch die öffentliche Sozialversicherung profitiert von wachsenden Einnahmen, weil mehr Menschen arbeiten und höhere Löhne erhalten.

 

Warum gibt Schäuble nur eine Milliarde und nicht mehr?

Der Finanzminister ist vorsichtig. Er verweist unter anderem darauf, dass man die wirkliche Höhe des Überschusses im Bundeshaushalt erst Ende des Jahres genau kenne. Fast die Hälfte der Mehreinnahmen im Bundesetat stamme außerdem aus einer Versteigerung von Mobilfunklizenzen. Das sei ein einmaliger Erlös, der im nächsten Jahr fehle, warnt Schäuble. Wegen der soliden Einnahmen wird sich der Finanzminister vermutlich jedoch nicht dagegen wehren wollen, dass er den Ländern und Kommunen zusätzliche Mittel für die Flüchtlingshilfe überweist.

 

Profitiert der ganze Staat von Überschüssen?

Nein. Manche Bundesländer wie beispielsweise Bremen, das Saarland, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Hessen nahmen in der ersten Hälfte diesen Jahres weniger ein als sie ausgaben. Auch bei den Städten existieren große Unterschiede. Manche schwimmen im Geld, andere haben kaum eine Chance aus ihrer Verschuldung herauszukommen. Zu letzteren gehören zahlreiche Kommunen unter anderem in NRW. Nicht vergessen darf man auch, dass Deutschland immer noch mit über 2.000 Milliarden Euro verschuldet ist.

 

Wo herrscht sonst Geldbedarf?

Einige Politiker unter anderem in der CDU plädieren dafür, lieber alte Schulden zurückzuzahlen, als neue Ausgaben zu schultern. Finanzminister Schäuble will Spielräume erwirtschaften, um eine Steuersenkung zu finanzieren. Die SPD fordert gerne zusätzliche Investitionen in öffentliche Infrastruktur, die in schlechtem Zustand ist – beispielsweise in Schulen und Schwimmbäder. Und die Wohlfahrtsverbände erklären, die Ärmsten der Gesellschaft bräuchten dringend eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Mit der Flüchtlingshilfe kommt nun eine neue Herausforderung hinzu. Die Balance zu wahren wird dadurch nicht einfacher.

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