Mehr Kindergeld, weniger Erbschaftsteuer

Regierung plant Steuerentlastung im Eiltempo / Deutschland-Urlaub wird billiger

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Von Wolfgang Mulke

06. Nov. 2009 –

Die Bundesregierung will die ersten Steuerentlastungen im Eiltempo beschließen. Schon am kommenden Montag will das Bundeskabinett ein „Wachstumsbeschleunigungsgesetz“ beschließen. Der Gesetzentwurf, der "den Korrespondenten" vorliegt, sieht die Entlastung von Familien und Unternehmen ab dem kommenden Jahr in einem Umfang von fast 8,5 Milliarden Euro vor.

 

Familien gehören zu den Gewinnern. Die Kinderfreibeträge werden ab 2010 um fast 1.000 Euro auf 7.008 Euro angehoben. Profitieren sollen auch die Eltern mit geringem Einkommen, die von den Steuerfreibeträgen nichts haben. Dafür wird das Kindergeld um 20 Euro im Monat erhöht. Derzeit erhalten Mütter und Väter für das erste Kind 164 Euro, ab dem dritten 194 Euro. Dies solle die wirtschaftliche und soziale Leistungsfähigkeit der Familien mit Kindern als Keimzelle der Gesellschaft weiter stärken, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die Kosten dafür beziffert das Bundesfinanzministerium auf rund 4,6 Milliarden Euro. Das ist der dickste Brocken unter den zahlreichen Änderungen im Steuerrecht.

 

Teuer wird auch eine Begünstigung des Fremdenverkehrs in Deutschland. Hotels oder Pensionen müssen künftig nicht mehr den allgemeinen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erheben, sondern den ermäßigten Sat von sieben Prozent. Die Rechnung des Ministeriums sieht allein dadurch Einnahmeausfällen von weit mehr als 900 Millionen Euro vor.

 

Auch die Erbschaftsteuer wird deutlich gesenkt. Für Geschwister, Nichten und Neffen wird ein günstigerer Erbschaftsteuertarif eingeführt, der Abgaben zwischen 15 und 43 Prozent für Schenkungen und Nachlässe vorsieht. 370 Millionen Euro können die so begünstigten Verwandten jährlich mehr vom Erbe behalten. Auch Firmenerben kommen besser weg. Vergünstigungen bei der Erbschaftsteuer sind zwar weiterhin an den Erhalt von Arbeitsplätzen gekoppelt. Doch die einzuhaltende Frist wird verkürzt und die Mindestlohnsumme verringert. So sollen die Betriebe in Krisenzeiten flexibler handeln können. Dies schlägt mit 50 Millionen Euro zu Buche.

 

Die Landwirtschaft erhält ebenfalls ein Präsent. Die Förderung von Biokraftstoffen wird nicht wie geplant vermindert. Für die Erzeuger des Biosprits macht das ein Plus von 127 Millionen Euro.

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Überdies werden zugunsten der Wirtschaft zahlreiche Einzelregelungen verändert. So dürfen Firmen kleinere Anschaffungen mit einem Wert von bis zu 410 Euro künftig wieder am Stück abschreiben. Die so genannte Zinsschranke, die eine Flucht des Kapitals ins Ausland verhindern soll, wird dauerhaft auf drei Millionen Euro erhöht. Ursprünglich sollten nicht mehr als eine Million Euro Zinszahlungen beim Finanzamt geltend gemacht werden dürfen.

Zusammen mit anderen komplizierten Klauseln zur Unternehmenssanierung und zu stillen Reserven summiert sich die Entlastung der Unternehmen auf rund 2,3 Milliarden Euro.

 

Das Gesetzespaket ist allerdings umstritten. Vor allem die Länder machen sich Sorgen, weil sie die Steuerausfälle mittragen müssen. 2,3 Milliarden Euro würde das die Länder kosten, 16 Milliarden Euro die Gemeinden. Finanzminister Wolfgang Schäuble hat eine faire Lastenteilung versprochen. Doch die SPD-Bundesländer wollen nicht mitspielen. Der Ministerpräsident von Rheinland Pfalz, Kurt Beck, nannte die Vorschläge „aberwitzig“. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit befürchtet eine Vernichtung der Finanzkraft der Länder. Das Gesetz muss vom Bundesrat mit beschlossen werden. Das will die Bundesregierung noch vor Weihnachten erreichen.

 

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