• EZB-Präsident Mario Draghi |Foto: EZB

Mehr Licht als Schatten

Die EZB verlängert ihr Kaufprogramm - der Kommentar

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Von Hannes Koch

09. Dez. 2016 –

Kritik perlt an Mario Draghi nicht einfach ab. So sandte der Präsident der Europäischen Zentralbank am Donnerstag eine doppelte Botschaft: Zwar bleibt es vorläufig bei der bisherigen Politik, und die Zentralbank verlängert ihre Milliarden-Infusion in die Wirtschaft bis Ende 2017. Allerdings sinkt ab nächstem Frühjahr die Summe des Anleihekaufprogramms. Statt monatlich 80 Milliarden Euro werden dann nur noch 60 Milliarden ausgeschüttet. Das könnte bedeuten: Man bereitet den Einstieg in die Normalisierung vor.


Dass das nötig und möglich ist, scheint allmählich auch die EZB zu sehen. Denn zunehmend deutlich treten die negativen Auswirkungen zutage. Nicht nur beschweren sich Sparer über geringe Guthabenzinsen, die ihre Alterseinkommen schmälern. Die Geldflut führt zumindest teilweise auch zu unrealistisch hohen Aktien- und Immobilienpreisen. Möglicherweise bläht sich gerade die nächste Finanzblase auf.


Andererseits erreicht Draghi anscheinend langsam, was er beabsichtigt. Die Inflationsrate steigt an. Clemens Fuest, Chef des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung in München, rechnet für nächstes Jahr bereits mit 1,5 Prozent. Wenn das eintrifft, liegt die Gefahr einer Deflation und großen Wirtschaftskrise allmählich hinter uns. Das ist das eigentliche Ziel. Die EZB hätte einen guten Job gemacht.


Vorläufig allerdings bleibt es richtig, die Zinsen tief zu halten und die Anleihekäufe fortzusetzen – gerade im Hinblick auf die kränkelnden italienischen Banken. Niedrige Zinsen rauben den Instituten zwar die Gewinnmarge, andererseits erhalten sie durch die Anleihekäufe so viel Kapital, dass sie über die Runden kommen. Unter dem Strich hilft Draghis Politik, eine großflächige Bankenkrise zu vermeiden. Insgesamt ist mehr Licht als Schatten. Und in nicht allzu ferner Zukunft werden wohl auch die Guthabenzinsen wieder steigen.

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