Merkel will Banken entschleunigen

Vorschriften für höhere Kapitalreserven könnten Instituten manches Geschäft verleiden. Ausfallrisiko und mögliche Kosten für den Staat würden sinken

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Von Hannes Koch

01. Sep. 2009 –

Banken-Hasser wie manche Linke sind Angela Merkel und Peer Steinbrück natürlich nicht. Und doch treibt die Bundeskanzlerin und den Bundesfinanzminister eine grundlegende Sorge um. Die Finanzkrise habe gezeigt, so finden beide, dass viele global tätige Institute mittlerweile schlicht zu groß geworden seien.


„Zu groß, um gerettet zu werden“ - so lautet der Satz, mit dem Merkel und Steinbrück diesen Missstand beschreiben. Soll heißen: Schon ein auf den ersten Blick unbedeutendes Institut wie die Münchner Hypo Real Estate (HRE), ist so groß und wichtig, dass der Staat sie nicht einfach pleitegehen lassen kann. Andererseits aber fehlt dem Bund das Geld, um reihenweise Banken wie die HRE zu retten. Alleine in diesem Fall hat der Staat rund 100 Milliarden Euro aus Steuergeld zur Verfügung gestellt.


Merkels Schlussfolgerung ist daher naheliegend: „Keine Bank darf so groß werden, dass sie eine Regierung erpressen kann“. Dies sagte die Kanzlerin nach einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy am Montag Abend. Die Frage ist nun: Wie kann man es schaffen, die Institute künftig in die Lage zu versetzen, die Mittel für ihre Rettung selbst aufzubringen? Die internationale Debatte darüber hat gerade erst begonnen. Die Bundesregierung will erreichen, dass der Gipfel der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen (G20) Ende September in Pittsburgh/ USA dazu erste Beschlüsse fasst.


In Berlin hat man bereits eine Idee, wie eine Lösung aussehen kann. Nach ihrem Gespräch mit Sarkozy schlug Merkel vor, den Banken in einem internationalen Abkommen vorzuschreiben, dass sie für besonders risikoreiche Geschäfte hohe Summen eigenen Geldes in Reserve halten müssen. Der Grundsatz würde lauten: geringes Risiko, geringe Kapitalreserve – hohes Risiko, viel Eigenkapital. Im Notfall stünden den Instituten damit mehr Mittel zur Verfügung, um einen größeren Teil der von ihnen angerichteten Schäden selbst zu bezahlen. Außerdem würde ihr Wachstum eingeschränkt: „Höhere Eigenkapitalanforderungen machen die Geschäfte der Institute teurer und reduzieren sie potenziell auch“, sagt Hermann Wagner, Professor an der Frankfurt School of Finance.


Der Mechanismus progressiver Kapitalreserven ist heute schon wirksam. Das Abkommen „Basel 2“, benannt nach dem Sitz des internationalen Bankenausschusses, schreibt den Instituten Eigenkapital von bis zu acht Prozent der jeweiligen Geschäftssumme vor. Angesichts der Finanzkrise diskutieren die Fachleute allerdings darüber, wie weit diese Grenze anzuheben ist. Unter anderem „wird man auch über eine deutliche Erhöhung des haftenden Eigenkapitals bei bestimmten Geschäftsmodellen reden müssen“, so Finanzprofessor Wagner. Der Bundesverband Deutscher Banken, der die privaten Institute vertritt, hat sich mit einer solchen Verschärfung der Regeln zähneknirschend abgefunden.


Von diesem Ansatz abgesehen, sind weitere Eingriffe in die Geschäftsmodelle der Banken in der Diskussion. In der Schweiz arbeitet die Nationalbank an der Begrenzung der Marktanteile von Großbanken wie UBS und Credit Suisse. Und der Chef der britischen Finanzaufsicht FSA, Adair Turner, hat ungelängst vorgeschlagen, die Gewinne der Banken durch eine neue internationale Steuer abzuschöpfen.

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