Mit Heizen die Welt retten
Firmenportrait Vaillant: Der Heiztechnik-Hersteller Vaillant wirbt um die strategischen Konsumenten
31. Jul. 2009 –
Der türkisfarbene Porsche liegt schräg auf der Fahrbahn. Man kann sich vorstellen, wie der Motor dröhnte und die Reifen sangen, als der Tourenwagen in den 1970er Jahren die Kurven der Rennstrecke nahm. Auf der Frontscheibe prangt der Werbeschriftzug der Firma „Vaillant“. „So etwas würden wir heute nicht mehr tun“, sagt Ralf-Otto Limbach, der Geschäftsführer des Unternehmens.
Das Foto der Rennszene hängt in Limbachs Büro in Remscheid, einer Industriestadt in der Nähe von Köln. Ein gelungenes Bild, es drückt Dynamik aus. Vor allem aber zeigt es, wie Vaillant sein Image in den vergangenen 30 Jahren verändert hat. Heute sponsort der Hersteller von Heiz- und Klimatechnik keine Autorennen mehr – das würde die falsche Botschaft senden. Jetzt positioniert man sich anders – als Klimaschützer.
Die Firma sieht sich als Weltmarktführer für Heiz- und Warmwassergeräte, die in den Küchen, Badezimmern und Kellern von Wohngebäuden hängen. 26 Prozent seines Umsatzes in Westeuropa macht das Unternehmen inzwischen mit Heizungen, die Wärme und Strom aus erneuerbaren Quellen wie der Sonnenkraft erzeugen. Und selbst die Geräte, die wie früher Erdgas oder Öl verbrennen, nutzen die Primärenergie in Limbachs Augen inzwischen so effektiv, dass der Geschäftsführer den alten Begriff „Heizung“ gerne vermeidet und seine Produkte lieber als „Lösungen zum Energiesparen“ anpreist.
Das Unternehmen mit seinen knapp 13.000 Beschäftigten an 15 Standorten weltweit - darunter China, USA und die Türkei - erwirtschaftete 2008 einen Jahresumsatz von rund 2,5 Milliarden. Es ist im Besitz der Gründerfamilie seit 1874. Die Produktpallette reicht von Gasbrennern über Sonnenkollektoren bis zu Holzpellet-Kesseln, die kleingehacktes und gepresstes Restholz klimaschonend in Raumwärme verwandeln. Die Firma stellt außerdem Blockheizkraftwerke zur gleichzeitigen und damit sparsamen Erzeugung von Wärme und Strom her, sowie Wärmepumpen, die die höheren Temperaturen unter der Erdoberfläche nutzen.
Und in ein paar Jahren soll auch die Brennstoffzelle als Heizung auf den Markt kommen. Im Rahmen eines Pilotprojektes zusammen mit der deutschen Regierung hat sich die Firma verpflichtet, in den kommenden fünf Jahren 200 Anlagen zu installieren. Diese Technologie ist revolutionär, weil sie Strom aus der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser erzeugt, was eine sehr hohe Energieausbeute im Verhältnis zur eingesetzten Primärenergie ermöglicht. „Die technischen Probleme sind grundsätzlich gelöst“, sagt Limbach. Allerdings sind die Anlagen noch so zu teuer, dass sie keinen großen Markt erreichen. Vorläufig wird das auch so bleiben. Limbach sieht Heizungen auf Basis der Brennstoffzelle vornehmlich „in großen Villen“ - High-End-Öko-Luxus für reiche Leute, die sich ihr ökologisches Gewissen etwas kosten lassen.
Dieses Marktsegment ist zu klein, als dass damit ein Unternehmen, das mehr als zwei Millionen Wand-Heizungen pro Jahr produziert, über die Runden kommen könnte. Trotzdem steht die Brennstoffzelle beispielhaft für Limbachs Strategie. Denn der muntere 46jährige mit der hellen Hornbrille hat das Sponsoring für Porsche ersetzt durch die finanzielle Unterstützung der Internet-Community Utopia.de., die sich dem nachhaltigen Konsum widmet.
Auf Utopia diskutieren und planen Zehntausende strategischer Verbraucher, wie sie die Welt mittels Konsum sozialer und ökologischer machen können. „Genau das sind die Leute, die unsere Produkte kaufen“, sagt Limbach. „Kaufen sollen“ müsste es eher heißen. Natürlich ist die Finanzspritze für Utopia auch ein Marketingtrick, um dem unspektakulären Produkt „Heizung“ mit dem neuen Dreh der Klimapolitik mehr Charme zu verleihen.
Und doch geht das neue Bündnis über bloßes Marketing hinaus. In den vergangenen Jahren ist eine neue Käuferschicht heranwachsen, für die nicht nur Preis und Nutzwert eines Produktes zählen, sondern auch der politisch-moralische Wert der Waren. Mit seinen klimaschonenden Heizungen bietet Vaillant diesen Leuten die richtigen Produkte. Der Liason förderlich ist, dass Limbach sich teilweise selbst dieser Konsumentengruppe zugehörig fühlt. Die Kleidung, die er für sich und seine Kinder privat kauft, darf schon mal aus fairer Produktion stammen, muss aber trotzdem schick aussehen und kann ein paar Euro mehr kosten.
In diesem Sinne könne man auch die schnöde „Heizung emotionalisieren“, ist Limbach überzeugt. Begeistert erzählt er von Hausbesitzern, die sich Sonnenkollektoren auf ihre Dächer montieren, weil sie den Nachbarn auf diese Art ihr Verantwortungsbewusstsein demonstrierten.
Der Manager hat sich in den vergangenen Jahren selbst weiterentwickelt. Früher arbeitete Limbach unter anderem für den VW-Konzern. Dort leitete er das Südamerika-Geschäft und später das Marketing in der Zentrale. Aus dieser Zeit ist bei ihm der Eindruck hängengeblieben: „Die Entwickler in den Autokonzernen träumen immer noch von Motoren mit 600 PS“.
Das Unternehmen Vaillant dagegen sei in die Zukunft aufgebrochen. Hier fühlt Limbach sich nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung. Von 17 Millionen Heizungen in Deutschland, sagt er, seien 15 Millionen veraltet und würden die Umwelt über Gebühr belasten. Nur zwei Millionen Geräte seien auf dem Stand der Technik. Und noch eine Zahl nennt er: 35 Prozent der Primärenergie in einem Staat wie Deutschland würden in Raumwärme und Warmwasser investiert. Wenn man davon die Hälfte einsparen könnte, hätte Deutschland in den kommenden Jahren null Probleme, die internationalen Ziele zum Klimaschutz zu erreichen.
Das sieht die Regierung in Berlin offenbar ähnlich. Seit Anfang des Jahres 2009 ist ein spezielles Gesetz in Kraft, das Bauherren, die ihre Heizungen ökologisch modernisieren, finanziell unterstützt. Etwas Besseres konnte Limbach und der Firma Vaillant gar nicht passieren.