Nach Billig-Bussen kommt der Billig-Zug

Die Flixbus-Tochter Flixtrain kündigt neue Bahnverbindungen nach München und Köln an. Mit Tickets für 9,99 Euro macht das Busunternehmen nun der Deutschen Bahn Konkurrenz. Auch das Busnetz wird ausgeweitet. Bessere Anbindung der Flughäfen geplant

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Von Wolfgang Mulke

04. Mai. 2018 –

Die Werbung auf dem knallgrünen Waggon des ersten Flixtrain-Zuges von Berlin nach München verheißt günstiges Bahnfahren. „Berlin-Stuttgart ab 9,99 Euro, Frankfurt-Stuttgart ab fünf Euro“, lautet der Schriftzug. Das erinnert ein wenig an den Start des Busverkehrs auf Fernverbindungen 2013, als sich Dutzende Busunternehmen einen gnadenlosen Dumpingwettbewerb lieferten. Eines blieb damals übrig: Flixbus. Mit dem Ableger Flixtrain will das Münchner Unternehmen nun dem Branchenprimus Deutsche Bahn bei Fernfahrten Paroli bieten.

Zwischen Hamburg und Köln fährt der neue Konkurrent schon einige Zeit. Die zweite Linie von Berlin nach Stuttgart hat an diesem Donnerstag den Regelbetrieb aufgenommen. „Wir wollen ein attraktives Angebot gegen die Deutsche Bahn positionieren“, sagt Flixtrain-Chef Fabian Stenger. Bislang hätten 150.000 Kunden auf der Hamburg-Linie eine Fahrkarte gebucht, mehr als erwartet. Auch das neue Angebot werde besser angenommen als gedacht. Als der Premierenzug am Berliner Hauptbahnhof hält, ist der Bahnsteig tatsächlich voll von Reisenden.

Schritt für Schritt will sich das Unternehmen einen wachsenden Marktanteil auf der Schiene holen. Zum Fahrplanwechsel im Dezember wird es zwei weitere Linienverkehre geben. Flixtrain hat Trassen für Fahrten von Köln nach Berlin und auf dem neuen Paradestück der Deutschen Bahn zwischen München und Berlin beantragt. Vorsicht regiert. Anfangs wird nur ein Zugpaar täglich fahren. Läuft es gut, kommen weitere dazu.

Diese Zurückhaltung hat gute Gründe. Denn bislang sind alle Versuche, gegen die übermächtige Deutsche Bahn zu bestehen, gescheitert. Zuletzt musste der Neuling Locomore Insolvenz anmelden. Dessen Verbindungen hat Flixtrain nun reaktiviert. Das rollende Material ist teuer, die Trassennutzung ebenso. Das erschwert neuen Anbietern den Markteintritt. So lobt der Schienenbeauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann, den „unternehmerischen Wagemut“. Solle sich der Personenverkehr wie gewünscht bis 2030 verdoppeln, müsse es ein größeres Angebot geben.

Im Gegensatz zu früheren Startversuchen von Privatunternehmen im Fernverkehr bringt Flixtrain einen Trumpf mit, den Anschlussverkehr im Flixbus. Bahn und Bus sollen zu einem flächendeckenden Verkehrsangebot vernetzt werden. „Wir wollen eine durchgängige Reisekette ermöglichen“, sagt Stenger. Allein im deutschsprachigen Raum hat das Unternehmen nach eigenen Angaben rund 500 Ziele und Tausende Haltstellen ins Streckennetz eingebunden. 140 Stopps kommen laut Stenger nun noch dazu. Darunter fällt auch eine bessere Anbindung der Flughäfen in München, Stuttgart, Memmingen, Leipzig und Hamburg.

Am notwendigen Kapital für die Expansion fehlt es dem Unternehmen wohl nicht. Hinter dem Startup junger Gründer stehen längst finanzstarke Investorengruppen, zum Beispiel Fonds aus den USA. Wie die Geschäfte tatsächlich laufen, ist aktuell nicht bekannt. Hinsichtlich der Bilanz geben sich die Münchner traditionell wortkarg. Im Busverkehr hat sich Flixbus in den vergangenen Jahren fast eine Monopolstellung erkämpft. Davon wird im Schienenverkehr nicht die Rede sein. Dort ist die Deutsche Bahn auf den Fernstrecken bisher Alleinherrscher, der nun ein kleines Stück vom Kuchen hergeben muss.

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