Neuer Pragmatismus

Kommentar von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

03. Dez. 2008 –

In Deutschland setzt sich ein neuer Pragmatismus durch. Nicht nur linke SPD-Abgeordnete, sondern auch aufgeklärte Ökonomen schlagen vor, dass die Bundesregierung Anfang kommenden Jahres Konsumgutscheine an die Bürger verschicken solle. Ein paar Hundert Euro vom Staat, so die Überlegung, würden die Kaufbereitschaft heben und die beginnende Rezession zumindest mildern. Vor zehn Jahren hätte ein solcher Vorschlag hierzulande nicht einmal das Licht der Öffentlichkeit erblickt. Nun wird der Plan breit, wenn auch kontrovers, diskutiert. Die Debatte belegt, dass Deutschland dabei ist, die alten, lähmenden Kämpfe zwischen neoliberalen Angebotstheoretikern und keynesianischen Nachfragepolitikern hinter sich zu lassen.

 

Konsumgutscheine könnten tatsächlich dazu beitragen, die kommende Krise abzumildern. Die USA haben Steuergutschriften mehrmals ausprobiert und, wie manche Ökonomen argumentieren, gute Erfahrungen damit gemacht. Einiges deutet darauf hin, dass die US-Rezession 2001 auch mit Hilfe der Steuerschecks überwunden wurde.

 

Trotzdem sollten sich die Befürworter aber über die Begrenzheit ihres Konzeptes im Klaren sein. Eine Frage stellt sich sofort: Wer bekommt das Geld? Wenig Sinn hat es, 40 Milliarden Euro wahllos zu verteilen. Wer soviel Geld mobilisiert und eine entsprechende Staatsverschuldung in Kauf nimmt, muss die Mittel gezielt und wirkungsvoll einsetzen. Das heißt: Familien mit einem Bruttoeinkommen von 8.000 Euro brauchen keine Konsumschecks, Millionäre ebensowenig. Diese Bevölkerungsgruppen müssen ihren Konsum angesichts der Krise meist nicht einschränken. Der Staat würde ihnen nur Anschaffungen finanzieren, die sie ohnehin tätigten. Das Geld sollte deshalb nur an Menschen fließen, die ihre Grundbedürfnisse kaum befriedigen können. Hartz-IV-Empfänger, Niedriglohn-Beschäftigte und Teilzeitarbeiter tragen jeden zusätzlichen Euro in die Geschäfte. Wer die beginnende Rezession wirksam bekämpfen will, unterstützt deshalb diese Leute.

 

Pragmatismus bedeutet freilich ebenso, sich nicht nur auf die eine, einzig richtige Lösung zu versteifen. Auch das zweite Konjunkturpaket, das die Bundesregierung möglicherweise zu Beginn des neuen Jahres beschließen wird, sollte aus einer Mischung verschiedener Maßnahmen bestehen. Dazu gehören müssen in jedem Fall mehr staatliche Investionen in bessere Schulen, Kindergärten und Universitäten. Konsum ist gut und schön - Investitionen in die Zukunft dürfen aber nicht fehlen.

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