„New Opel“ steht vor schweren Zeiten

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Von Wolfgang Mulke

11. Sep. 2009 –

Die ersten Eilmeldungen hatten die Entscheidung von General Motors (GM) über den Verkauf von Opel längst in alle Welt getragen, als Bundeskanzlerin Angela Merkel, in hoffnungsvollem Grün gewandet, die Meldungen bestätigte. „Opel kann einen Neuanfang gehen“, sagte die Regierungschefin sichtlich erleichtert, Geduld und Zielstrebigkeit haben sich ausgezahlt“.

 

Das Statement war gewagt. Denn zu diesem Zeitpunkt beriet die entscheidende Opel-Treuhand noch über den Vorschlag der Amerikaner. Erst Stunden später stimmte das Gremium dem Verkauf von 55 Prozent der Opel-Anteile an das österreichisch-kanadische Unternehmen Magna sowie die russische Sberbank zu. Pikant. Nur die beiden GM-Vertreter waren für den Verkauf. Der Sachwalter des Bundes hielt die an eine 4,5 Milliarden Euro schwere Bundesbürgschaft gekoppelte Abtrennung Opels vom Mutterkonzern für zu riskant und lehnte ab. Der Vertreter der Bundesländer mit Opel-Werken enthielt sich der Stimme. Das reichte aus, ist aber alles andere als ein Vertrauensbeweis in die Zukunft der Rüsselsheimer.

 

Bis zuletzt mischte sich unter die Erfolgsmeldung auch eine gehörige Portion Skepsis, ob es die Amerikaner auch wirklich ernst meinen, oder erneut den Einsatz im monatelangen Pokerspiel erhöhen. Der Verhandlungsführer von GM, John Smith, bemühte sich, die Vorbehalte zu zerstreuen. Noch in diesem Jahr würden alle Verträge unter Dach und Fach gebracht, versicherte der Manager und schob kurz darauf die von den 25.000 Opel-Beschäftigten heiß ersehnte Botschaft nach. „Alle vier deutschen Anlagen werden weiter gefahren“, versprach Smith. Das geht zu Lasten anderer Standorte. Das Werk in Antwerpen wird nach den bisherigen Magna-Plänen geschlossen, eine Produktion aus dem spanischen Saragossa nach Eisenach verlagert.

 

Allenthalben herrschte Erleichterung vor. Vom „bestmöglichen Ergebnis“ sprach Finanzminister Peer Steinbrück. „Mit der Entscheidung für Magna hat sich ein industrielles Konzept durchgesetzt“, sagte der IG Metall-Vorsitzende Berthold Huber. Alle sind froh, dass der vor allem für die Beschäftigten zermürbende Nervenkrieg nun beendet ist. Der Blick geht nach vorn für „New Opel“, wie Smith den Versuch der Wiedergeburt nennt.

 

Rosig sind die Aussichten für Opel Trotz des Verkaufs an den größten Zulieferer der Welt nicht. In der Autoindustrie gibt es gewaltige Überkapazitäten. Opel gilt mit einer Jahresproduktion von 1,5 Millionen Fahrzeugen als viel zu klein. Mehr als drei Mal so viele Autos müssten vom Band laufen, damit das Unternehmen überleben kann. Auf die Beschäftigten kommen harte Einschnitte zu. Es werden wohl auch in Deutschland mehrere Tausend Stellen abgebaut. Der Einfluss der Belegschaft könnte künftig trotzdem wachsen. Denn zehn Prozent von New Opel gehören künftig den Beschäftigten.

 

Die Hoffnung ruht im Osten. Mit im Boot der Käufer sind russische Firmen, darunter auch der marode Autoproduzent Gaz. Die Verbindung soll Opel zum Aufstieg in Osteuropa verhelfen. Ein Problem ist, dass GM selbst am russischen Markt aktiv ist und sich künftig wohl mit Opel einen Konkurrenten einhandelt. Die Amerikaner sitzen in beiden Booten. Denn GM behält auch in Zukunft 35 Prozent an Opel und bleibt damit größter Einzelaktionär.

 

Auch in anderen Teilen der Welt könnten die Interessen von Mutter und Ex-Tochter aufeinander prallen. Mit den jüngsten Entscheidungen ist das Traditionsunternehmen daher noch lange nicht über den Berg. „Der Neuanfang wird nicht einfach sein“, dämpfte auch die Kanzlerin allzu hohe Erwartungen.

 

GM-Unterhändler Smith zeigt sich dennoch zuversichtlich. Mit den Modellen Astra und dem neuen Insignia baue Opel ausgezeichnete Fahrzeuge. Das Image der Rüsselsheimer hat sich in den letzten Monaten tatsächlich deutlich verbessert. Woher die Kunden für die Modelle kommen sollen, ist eine andere Frage. Die Abwrackprämie hat in den letzten Monaten für eine hohe Nachfrage gesorgt. Nach Meinung vieler Experten wird es in den Autohäusern deshalb in den kommenden Monaten keinen großen Andrang mehr geben.

Die Strategie für die Opel-Rettung fußt auf Größe. Dazu gehört vor allem der gemeinsame Einkauf von Teilen von GM und Opel. Auch sollen die Fahrzeugplattformen weiterhin von beiden Unternehmen genutzt werden.

 

Die Technologie von Opel ist für GM lebenswichtig. Lange hatten sich die Amerikaner deshalb gegen einen Verlauf an das Konsortium mit russischer Beteiligung gesperrt. Groß ist die Sorge, dass die Entwicklungen von den Russen genommen und für eine eigene Produktion verwendet werden. Was das Umdenken bewirkt hat, ließ Smith offen. Es war wohl auch die harte Haltung der Bundesregierung, die sich früh auf Magna festgelegt hatte. Ohne die Bürgschaften aus Berlin hätte GM Opel ganz verloren.

 

 

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