Nicht nur technische, auch soziale Qualität

Autokonzerne haben einen gemeinsamen Verhaltenskodex für ihre globalen Lieferketten beschlossen

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Von Hannes Koch

15. Apr. 2014 –

Einen gemeinsamen Verhaltenskodex, der auch die Fabriken der Lieferanten einschließt, haben jetzt weltweit tätige Autokonzerne beschlossen. Die Unternehmen verpflichten sich darin. Mindeststandards für Löhne, Arbeitszeiten und Umweltschutzmaßnahmen einzuhalten. Zu den Unterzeichnern gehören die deutschen Unternehmen BMW, Daimler und Volkswagen.

 

Den Kodex unterstützen unter anderem auch Fiat, Ford, General Motors, Jaguar, PSA Peugeot Citroen, Toyota und Volvo. Während die europäischen, amerikanischen oder japanischen Werke dieser Konzerne Tarifverträge und Umweltgesetze in der Regel einhalten, lässt sich das von den tausenden Zulieferern rund um den Globus nicht mit Sicherheit sagen. Deshalb zielt der Kodex vor allem auf Verbesserungen in der Lieferkette.

 

Der deutsche Verband der Automobilindustrie hält die gemeinsame Erklärung für einen „Meilenstein. Der Standard ist wegweisend und legt erstmals grundlegende Anforderungen fest.“ Veröffentlicht wurden die Leitlinien der Autokonzerne unlängst von zwei Organisationen, die sich für Unternehmensverantwortung einsetzen – der US-amerikanischen Automotive Industry Action Group (AIAG) und CSR Europe.

 

So wollen die Konzerne „den ökologischen Fußabdruck“ in ihren eigenen Fabriken und denen ihrer Zulieferer „reduzieren“. Die Öko-Bilanz der Fahrzeuge „im Verlauf des Lebenszyklus“ soll ebenfalls besser werden. Als konkrete Ziele nennen die Firmen: geringeren Energie- und Wasserverbrauch, weniger Ausstoß von klimaschädlichen Gasen und vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien. Quantifizierbare Reduktionsziele fehlen allerdings, Zeitpläne ebenso.

 

In sozialer Hinsicht bekennen sich die Unternehmen offiziell zu einigen grundlegenden Normen, die die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) vorschreiben, unter anderem das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, sowie Diskriminierung jeglicher Art. Die Bezahlung und die Arbeitszeit der Beschäftigten in der gesamten Produktionskette soll so gestaltet werden, dass sie mit den jeweiligen örtlichen Gesetzen harmonieren. Ausdrücklich wird der Anspruch der Arbeitnehmer auf Mindestlöhne erwähnt.

 

Markus Löning (FDP), früherer Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung und heute Berater für Unternehmensverantwortung, lobt das „Bekenntnis zur Vereinigungsfreiheit“ - vor dem Hintergrund, dass „sich viele deutsche Firmen bei ihren ausländischen Töchtern selbst nicht daran halten“. In den chinesischen Werken gibt es beispielsweise keine unabhängigen Gewerkschaften.

 

Die Selbstverpflichtungen der Autofirmen bleiben teilweise jedoch klar hinter den Regeln zurück, die andere Branchen und Unternehmen bereits akzeptiert haben. Ein Beispiel: Der Kodex der Elektronikindustrie (EICC), den unter anderem Apple, Foxconn und Blackberry anerkennen, legt immerhin fest, dass die Arbeitszeit der Beschäftigten 60 Stunden pro Woche nicht überschreiten darf. Auch mindestens einen freien Tag nach sechs Arbeitstagen sieht der Kodex der Elektronikbranche vor. Solche konkreten Punkte fehlen in den Auto-Leitlinien.

 

„Der Standard ist extrem schwach“, kritisiert deshalb Maik Pflaum von der Christlichen Initiative Romero (CIR). "Letztlich sagt er nur, dass die Gesetze eingehalten werden müssen - was ja eine Selbstverständlichkeit ist. Kontrollen werden gar nicht angesprochen, ebenso wenig ein Lohn, der Grundbedürfnisse befriedigen sollte.“ Pflaum weist daraufhin, dass die in vielen Staaten festgelegten Mindestlöhne nicht ausreichen, um den Arbeiterfamilien ein vernünftiges Auskommen zu sichern. Arbeitsrechtsorganisationen fordern die Konzerne deshalb auf, „existenzsichernde Löhne“ bei den Zulieferern durchzusetzen. Derartige Gehälter würden nicht nur für Wohnung, Essen und Kleidung der Beschäftigten reichen, sondern auch dafür, die Kinder zur Schule zu schicken, am kulturellen Leben teilzuhaben und Geld für das Alter zu sparen.

 

Für die Automobilhersteller bleibt in jedem Fall einiges zu tun. Sie müssen ihre Mindeststandards nicht nur bei den großen Zulieferfirmen durchsetzen, die sie kennen, sondern auch bei deren Lieferanten. Ab dem dritten oder vierten Glied der Lieferkette wird es jedoch schwierig. Für eine vernünftige Überprüfung wäre viel Personal notwendig. Diese Kosten scheuen die Unternehmen.

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