Nimbus ade

Die Bundesbank ist in einer unangenehmen Lage. Die ehrwürdigen Notenbanker werden den bösen Buben Thilo Sarrazin nicht los. Es wird Zeit, die Rekrutierungspraxis für das Spitzengremium zu ändern. Doch nicht nur das. Mit der Gründung der Europäischen

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Von Wolfgang Mulke

13. Okt. 2009 –

Mehr als eine Entmachtung des durch markige Sprüche gegen Migranten 
aufgefallenen früheren Berliner Finanzsenators ist zurzeit nicht drin.
Denn ausgerechnet die viel gepriesene Unabhängigkeit der Zentralbank
verhindert ihre Selbstreinigung. Damit die Währungshüter frei von einer
direkten politischen Einflussnahme handeln können, genießen die
Vorstände einen weitgehenden Kündigungsschutz. Nur der Bundespräsident
könnte Sarrazin bei einer schweren Verfehlung rauswerfen.



Die Unabhängigkeit einer Notenbank ist ein hohes Gut. In der
Vergangenheit haben die Hüter der damaligen D-Mark dies oft genug
bewiesen und ihre Arbeit anders erledigt, als sich die jeweiligen
Regierungen dies gerne wünschten. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Über den Euro wacht die EZB. Die Bundesbank hat zwar großen Einfluss auf
deren Zinspolitik, doch allein entscheiden dürfen die Deutschen
Zentralbanker nichts mehr. Ihre Aufgaben beschränken sich vor allem auf
die Finanzmarktaufsicht und die Versorgung mit Geld. Daher sind auch die
herausragenden Privilegien der Vorstände nicht mehr in altem Umfang
notwendig. Politisch unabhängig waren die Frankfurter ohnehin nie. Die
Bundesregierung, der Bundesrat und der Präsident bestimmen die Besetzung
der wichtigsten Posten. Von einer echten Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit kann also keine Rede sein. Dieser Nimbus ist
spätestens mit der Euro-Einführung verloren gegangen.



Die Bundesbank muss einen Normalisierungsprozess erleben, an dessen Ende
sie eine Institution wie andere auch sein wird. Sie kann dann die für
ihre Aufgaben am besten geeigneten Experten anheuern und auch wieder
feuern. Das praktizieren andere Zentralbanken auch, ohne dass ihre
Autorität angezweifelt wird. Wenn es des Falls Sarrazin bedurfte, die
entsprechenden Reformen einzuleiten, hatte der Skandal wenigstens eine
gute Seite.



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