Notwendiges Übel

Gesetz zur Lohngleichheit

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Von Wolfgang Mulke

12. Jan. 2017 –

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dieser Slogan bezog sich einst auf die Forderung, Leiharbeiter und Stammpersonal zu denselben Bedingungen zu beschäftigen. Angebracht ist er jedoch auch, wenn es um die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen im Betrieb geht. Denn damit hapert es bisher noch, wie verschiedene Studien dazu nahelegen. Dabei müssen beide Geschlechter schon lange gleich behandelt werden. Es ist nur folgerichtig, wenn der Gesetzgeber nun den Druck auf jene Unternehmen erhöht, die diesen Grundsatz missachten.

Die nun von der Bundesregierung verabschiedete Regelung für mehr Transparenz bei den Löhnen und Gehältern ist ein notwendiges Übel. Sie bürdet die Firmen mehr Bürokratie auf. Aber von einem Ende der Verhandlungsfreiheit bei der Vergütung oder gar einem Eingriff in die Privatsphäre der Beschäftigten durch die Veröffentlichung von Durchschnittsgehältern kann nicht die Rede sein. Anderswo, insbesondere in den angloamerikanischen Ländern, gehen Erwerbstätige und Arbeitgeber ganz selbstverständlich offen mit den Entgelten um.

Ob das Gesetz aber die von Familienministerin Manuela Schwesig erhoffte große Wirkung zeitigt, ist eher zweifelhaft. Denn der größte Teil der Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen geht auf sachliche Gründe zurück. Dazu gehört zum Beispiel die Berufserfahrung. Wenn Frauen für die Betreuung ihrer Kinder zeitweilig aus dem Erwerbsleben aussteigen oder nur Teilzeit arbeiten, sammeln sie zwangsläufig weniger Berufszeit an als ihre männlichen Altersgenossen. Das macht sich bei Gehaltsverhandlungen negativ bemerkbar. Der „Wert“ einer Arbeitsleistung setzt sich aus vielen Komponenten zusammen. Unterschiede wird es daher selbst bei vergleichbaren Tätigkeiten immer geben, und nicht nur zwischen Frauen und Männern. Auch ist die Vorgabe, erst einmal mehrere Beispiele für besser bezahlte Kollegen zu finden, keine einfache Aufgabe. Es gehört schon eine Menge Standfestigkeit dazu, diese Recherche durchzuziehen.

Noch mehr verliert das Gesetz allerdings durch den Kreis der betroffenen Firmen. Es gilt erst ab einer Betriebsgröße von 200 Beschäftigten. Doch gerade bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen, von denen viele tariflich nicht gebunden sind, geht es eher ungerecht zu als bei Konzernen, bei denen es für ziemlich alle Angelegenheiten festgelegte Standards gibt. Es wäre daher wünschenswert, die Wirkungen des Lohngleichstellungsgesetzes nach einer gewissen Zeit genauer zu untersuchen. Stellt sich der erhoffte Erfolg nicht ein, sollte es auf einen größeren Kreis von Arbeitgebern ausgedehnt werden. Es gibt noch eine Alternative. Stärkere Gewerkschaften, die in der Lage sind, mehr Gerechtigkeit in allen Betrieben durchzusetzen. Dazu brauchen die Organisationen aber auch Mitglieder, die sich nicht auf die Hilfe des Gesetzgebers verlassen.

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