Radikal und unreal

Kommentar von Hannes Koch zur Bankenaufsicht

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Von Hannes Koch

07. Sep. 2009 –

Radikale Ideen sind das – eigentlich zu radikal für eine Regierung der Mitte. Gerade das aber verleiht den Gedanken Charme. Da sagt Kanzlerin Angela Merkel, keine Bank dürfe so groß werden, „dass sie die Regierung erpressen kann“. Und Bundesbank-Präsident Axel Weber kündigt an, die Reform der Bankenaufsicht werde die Gewinne der Banken senken.


Hat man richtig gehört? Offenbar ja. Denn der Baseler Ausschuss der internationalen Bankenaufseher hat am Wochenende Ähnliches beschlossen. Als Maßnahme gegen die nächste Finanzkrise will man den Instituten vorschreiben, mehr eigenes Geld in Reserve zu halten. Das klingt harmlos, ist jedoch in seiner Wirkung kaum zu überschätzen. Was bedeutet das? Vor der Krise war es üblich, dass die Institute minimales Eigenkapital einsetzten und sich riesige Summen zusammenliehen. Wäre eine Bank dagegen verpflichtet, 20 Prozent oder mehr jeden Geschäfts selbst aufzubringen, müsste sie bescheidener handeln. Manche großen Deals wären nicht mehr möglich, weil dem Institut die eigenen Mittel fehlten. Risiko, Bilanzsumme und Gewinn würden sinken. Setzte man solche Pläne um, dürften auch deutsche Banken nicht mehr so schnell wachsen wie früher. Im Vergleich zu den goldenen Zeiten vor der Krise müssten sie sogar schrumpfen.


Ist es vorstellbar, dass Merkel und Weber das wirklich wollen? Schön wär´s. Warten wir es ab. Praktisch tut die Regierung oft das Gegenteil. Kürzlich erst hat sie der Commerzbank und der Dresdner Bank zur Fusion verholfen. Schließlich will man nicht, dass die in Deutschland ansässigen Institute der angelsächsischen Konkurrenz immer nur hinterlaufen. Frankfurt am Main soll nicht zum Finanzplatz der Winzlinge degenerieren. Derartiger nationalstaatlicher, industriepolitischer Egoismus hemmt die Bemühungen um eine wirksame Finanzreform. Aus radikal wird dann sehr schnell unreal.

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