Regierung bietet Fracking-Kompromiss

Bundesregierung akzeptiert leichte Verschärfung ihres Gesetzentwurfs. Zusätzliche Trinkwassergebiete sollen für Erdgasförderung tabu sein.

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Von Hannes Koch

20. Mai. 2015 –

Die Bundesregierung geht einen Schritt auf die KritikerInnen des umstrittenen Erdgas-Frackings zu. Am Mittwoch empfahl das Kabinett dem Bundestag, das kommende Gesetz etwas zu verschärfen. Die Gebiete, in denen zum Schutz des Trinkwassers nicht gefrackt werden darf, sollen ausgedehnt werden.

 

Beim Fracking pressen Förderfirmen Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck in tiefe Gesteinsschichten, damit aus den entstehenden Poren Erdgas an die Oberfläche steigt. Mit dem Kompromissangebot will die Regierung den Weg ebnen, damit ihr Gesetzentwurf Mitte Juni im Bundestag verabschiedet wird. Dort machen derzeit die GegnerInnen mobil und fordern weitgehende Verschärfungen. Auch der Bundesrat plädiert mehrheitlich für höhere Hürden. In ihrem Beschluss hat sich die Bundesregierung nun mit den Argumenten der Länderkammer auseinandergesetzt.

 

Das Kabinett stimmte zu, Fracking in zusätzlichen Gebieten zu untersagen. Im bisherigen Entwurf waren nur Gegenden ausgeschlossen, aus denen das „gesamte“ Oberflächenwasser beispielsweise in eine Trinkwassertalsperre fließt. Nun soll das Wort „gesamt“ gestrichen werden. Das heißt: Fracking kann auch dort nicht mehr stattfinden, wo nur ein Teil des Regenwassers mit der Trinkwasserversorgung in Berührung kommt. Die Ausschlussgebiete nehmen zu – zusätzliche Grenzen für Förderfirmen wie Exxon und Wintershall. Die große Koalition im Bundestag muss dieser Empfehlung der Regierung nicht folgen. Es ist aber wahrscheinlich, dass sie es tut.

 

Auch an einigen anderen Punkten ist die Regierung möglicherweise bereit, den KritikerInnen nachzugeben. Sie prüft das jedoch noch. Dabei geht es unter anderem darum, ob auch Gebiete für Fracking tabu sein sollen, in denen die Trinkwassergewinnung „Vorrang“ hat. An anderen Stellen bleibt das Kabinett dagegen hart. Beispielsweise schmettert es die Forderung des Bundesrates ab, die 3.000-Meter-Grenze aufzugeben. Der bisherige Gesetzentwurf lässt risikoreiches Erdgas-Fracking in Tiefen zwischen 0 und 3.000 Metern nur unter harten Auflagen zu. Tiefer als 3.000 Meter soll aber weitergefrackt werden dürfen - wie in Niedersachsen seit Jahrzehnten praktiziert. Würde die 3.000-Meter-Grenze fallen, hätten die Öl- und Gaskonzerne ein zusätzliches Problem.

 

Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) reicht das Angebot der Regierung deshalb nicht: „Das ist ein Affront gegenüber den Bundesländern. Die Bundesregierung will offensichtlich mit aller Macht die Risikotechnologie Fracking in Deutschland durchdrücken, obwohl es im Bundesrat keine Mehrheit dafür gibt.“ Remmel forderte die „Bundestagsabgeordneten aus NRW auf, den Gesetzentwurf der Bundesregierung abzulehnen“. Kritisch äußerte sich auch die baden-württembergische Landesregierung. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) will die 3.000-Meter-Grenze nicht akzeptieren.

 

Im Bundeskanzleramt geht man davon aus, dass der Bundestag das Gesetz am 18. Juni beschließt. Der Bundesrat kann es vermutlich nur verzögern, aber nicht verhindern oder entscheidend ändern. Die Regierung drückt aufs Tempo, weil sie verhindern will, dass die ohnehin zahlreichen KritikerInnen an Stärke zunehmen.

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