Regierung plant kleine Steuersenkung

Weil die Steuereinnahmen abermals steigen, verspricht Finanzminister Schäuble den Bürgern eine Entlastung

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Von Hannes Koch

07. Mai. 2015 –

Was hat die neue Steuerschätzung ergeben?

Bund, Länder und Gemeinden werden in den nächsten Jahren mehr Geld zur Verfügung haben als bisher erwartet. Das gaben die Steuerschätzer am Donnerstag bekannt. In diesem Jahr steigen die Steuereinnahmen um 6,3 Milliarden Euro im Vergleich zur vergangenen Steuerschätzung vom November 2014. Der Bund wird davon 2,2 Milliarden zusätzlich erhalten, die Länder 2,9 Milliarden und die Gemeinden 1,1 Milliarden. Euro. Und auch in den Jahren bis 2019 klettern die staatlichen Erlöse. 38,2 Milliarden Euro sollen hinzukommen. Während die Steuereinnahmen dieses Jahr bei insgesamt 667 Milliarden Euro liegen, wachsen sie bis 2019 auf 769 Milliarden an.

 

Wie soll die Steuersenkung aussehen?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte an, Anfang 2016 den steuerlichen Effekt der sogenannten kalten Progression zu mildern. Darunter versteht man, dass Lohnerhöhungen durch die automatische steigende Steuerbelastung teilweise aufgefressen werden. In dem sie den Steuertarif für alle Bürger leicht verändert, will die Regierung diesen Mechanismus für zwei Jahre neutralisieren. Insgesamt hätten die steuerpflichtigen Bürger dann 1,5 Milliarden Euro pro Jahr mehr zur Verfügung. Pro Person ist der Vorteil klein und macht nur wenige Euro aus. Ob es dazu kommt, ist aber noch nicht klar. Während SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel den Plan unterstützt, haben Landesregierungen unter SPD-Beteiligung teils starke Vorbehalte.

 

Was soll mit den übrigen Mehreinnahmen geschehen?

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will alte Schulden zurückzahlen und möglichst keine neuen aufnehmen. Bis 2017 soll die Gesamtverschuldung Deutschland auf etwa 70 Prozent der Wirtschaftsleistung sinken. Der Finanzminister hat es eilig, weil er annimmt, dass die Schuldzinsen irgendwann wieder steigen. Je geringer der Schuldenberg, desto weniger kostet er dann. Außerdem steckt die Regierung Geld in zusätzlichen Investitionen. Alleine in diesem Jahr fließen 3,5 Milliarden Euro in einen Fonds, mit dessen Hilfe finanzschwache Städte Schulen renovieren und Straßen ausbessern können. Kritiker wie der grüne Finanzexperte Sven Kindler meinen allerdings, dass die zusätzlichen Ausgaben für Investitionen bei Weitem nicht ausreichen.

 

Warum gibt Schäuble nicht mehr Geld für die Steuersenkung aus?

Er will einen finanziellen Spielraum für später schaffen. Denn die Union würde gerne den Solidaritätszuschlag zur Einkommenssteuer ab 2020 auslaufen lassen. Dieses Vorhaben ließe sich gut im nächsten Bundestagswahlkampf als Steuersenkung verkaufen. Außerdem braucht die Bundesregierung bald zusätzliche Mittel, um die Reform des Finanzausgleichs zwischen den Bundesländern zu ermöglichen. Die reichen Südländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen wollen weniger an die ärmeren Länder zahlen. Der Bund muss eventuell mit einigen Milliarden einspringen. Das sei auch dringend nötig, ließ der Städte- und Gemeindebund am Donnerstag durchblicken: Die ärmeren Städte und Gemeinden hätten Schulden von insgesamt 136 Milliarden Euro aufgehäuft.

 

Warum ändert sich die Steuerschätzung dauernd?

Bei ihren Prognosen im Mai und November eines jeden Jahres stützen sich die Mitarbeiter der Finanzministerien und Wirtschaftsinstitute auf die jeweils aktuellen Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung. Bei der vorhergehenden Steuerschätzung im November 2014 waren die Experten etwas pessimistischer: Sie sagten ein geringeres Wachstum voraus. Dass die Prognose nun wieder freundlicher ausgefallen ist, liegt an der erstaunlich gut laufenden Konjunktur, der hohen Zahl der Arbeitsplätze, steigenden Löhnen und damit wachsenden Steuereinnahmen.

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