Regierung streitet über Windausbau an Land

Wirtschaftsminister Gabriel will eine Mindestmenge für neu zu bauende Windkraftwerke festlegen. Energie- und Wirtschaftspolitiker der Union sind dagegen.

Teilen!

Von Hannes Koch

02. Mär. 2016 –

Über die künftig nötige Menge zusätzlicher Windkraftwerke herrscht Dissens in der Bundesregierung. Im Gesetzentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium steht deshalb keine Zahl, sondern ein Platzhalter. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte vorgeschlagen, dass mindestens 2.000 Megawatt – etwa 400 große Windräder – an Land pro Jahr hinzugebaut werden. Auf Druck aus der Unionsfraktion hat das Bundeskanzleramt dieses Ziel jedoch herausgestrichen.

 

Die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes solle „hoffentlich bis zum Sommer“ über die Bühne gehen, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake am Mittwoch. Die Neufassung regelt, wieviele Ökokraftwerke errichtet werden, damit Deutschland das Ziel erreicht, 2025 bis zu 45 Prozent des Stromverbrauchs aus sauberen Quellen zu decken.

 

Damit nicht zu viele Anlagen dazukommen und die Energiewende nicht zu teuer wird, muss die Regierung die ungefähre Zahl der neuen Sonnen-, Wind- und Biomasse-Kraftwerke festlegen. Darüber gibt es nun Streit. Um den Herstellern der Windanlagen Sicherheit zu verschaffen, will Gabriel eigentlich eine Mindest-Neubaumenge definieren. Wirtschafts- und Energiepolitiker der Union, unter anderem Michael Fuchs und Thomas Bareiß, wollen die Mindestgröße jedoch möglichst niedrig ansetzen. Bundesländer wie Schleswig-Holstein plädieren dagegen für mehr Windräder.

 

Auch andere Interessen schalten sich in die Debatte ein: Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) wünscht mehr Biomasse-Kraftwerke, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) würde die erneuerbaren Energien gerne schneller ausbauen, als bisher geplant.

 

Der Entwurf des Wirtschaftsministeriums sieht nun vor, dass die meisten neuen Anlagen keine festgelegte finanzielle Förderung mehr erhalten. Diese hatte in der Vergangenheit zum Kostenanstieg beigetragen. Stattdessen sollen neue Kraftwerke mit einer Leistung von mehr als einem Megawatt (Millionen Watt) per Ausschreibung ermittelt werden. Die billigsten Anbieter würden den Zuschlag erhalten.

 

Beispielsweise für kleine Photovoltaikanlagen auf Dächern von Wohnhäusern soll dieses neue Verfahren allerdings nicht gelten. Sie erhalten weiterhin feste Fördersätze. Gewisse Ausnahmen sind auch vorgesehen für Windparks, die Bürgerinitiativen und Privatpersonen in der Nähe ihrer Wohnorte errichten. Diese müssen zwar am Ausschreibungsverfahren teilnehmen, können zunächst aber auf bestimmte Genehmigungen verzichten.

 

Für 2016, 2017 und 2018 nimmt das Wirtschaftsministerium an, dass Windanlagen an Land mit jeweils rund 3.000 Megawatt neu gebaut werden. Das ist die Bruttomenge unter Einrechnung der alten Kraftwerke, die abgeschaltet werden. Ab 2019 soll die Anzahl der neuen Windanlagen dann unter anderem davon abhängen, wieviele Sonnen-Kraftwerke, Windparks auf dem Meer und Biomasse-Generatoren hinzukommen. Die Windkraft an Land wäre laut Gesetzentwurf die „Variabel“, die garantiert, dass das Ausbauziel für die erneuerbaren Energien eingehalten, aber nicht überschritten wird. Um das zu erreichen, will das Wirtschaftsministerium eine Ober- und eine Untergrenze für neue Windanlagen an Land definieren. Im Hause von Minister Gabriel geht man davon aus, dass in Zukunft regelmäßig ähnliche Mengen von Windanlagen neugebaut werden wie in den vergangenen zehn Jahren – rund 2.500 Megawatt jährlich.

« Zurück | Nachrichten »