• Sven-Christian Kindler |Foto: Grüne
    Sven-Christian Kindler |Foto: Grüne

„Schäuble verweigert die Arbeit“

Der Grüne Sven-Christian Kindler kritisiert, dass der Finanzminister den Haushalt nicht fitmache für die Zukunft

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Von Hannes Koch

11. Mär. 2014 –

Hannes Koch: Sie kritisieren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäubles Entwurf für den Bundeshaushalt 2014 und seine Finanzplanung für die kommenden Jahre. Ist es nicht eine historische Leistung, dass eine Bundesregierung erstmals seit 45 Jahren wieder ohne zusätzliche Schulden auskommen will?

 

Sven-Christian Kindler: Wenn der Finanzminister das schafft, ist es zu begrüßen. Aber der Verzicht auf neue Schulden sieht nur auf den ersten Blick gut aus. Denn Schäuble und die große Koalition betreiben finanzpolitische Arbeitsverweigerung. Sie unternehmen kaum etwas, um den Haushalt strukturell zu konsolidieren und für schlechte Zeiten vorzusorgen, die bestimmt wieder kommen werden.

 

Koch: Indem die Verschuldung Deutschlands im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung abnimmt, entstehen doch neue Spielräume.

 

Kindler: Der Anteil Schäubles an diesem Erfolg ist gering. Er basiert vor allem auf den niedrigen Zinsen, der guten Wirtschaftsentwicklung sowie der Leistung der Beschäftigten und Unternehmen. Nun bestraft der Finanzminister sie dafür, indem er den Bundeszuschuss an den Gesundheitsfonds, der die Krankenkassen finanziert, um 3,5 Milliarden Euro in diesem und 2,5 Milliarden im kommenden Jahr kürzen will. Das erhöht die Gefahr steigender Beitragssätze enorm. Stattdessen müsste Schäuble seinen Haushalt selbst grundsätzlich umbauen – beispielsweise Geld sparen bei klimaschädlichen Subventionen.

 

Koch: Welche Subventionen sollte man kürzen, um dadurch zusätzliche Mittel zu erwirtschaften?

 

Kindler: Es wäre an der Zeit, die Steuerbefreiung für Flugbenzin und das Privileg für schwere Dienstwagen abzuschaffen. Auch die Rabatte für Unternehmen bei der Ökosteuer muss man verringern. Milliarden Euro stünden dann zur Verfügung.

 

Koch: Für welche Zwecke wollten Sie die ausgeben?

 

Kindler: Für Investitionen in die Zukunft. Wir leben ja heute von unserer Substanz. Der Wert und die Leistungsfähigkeit unserer Infrastruktur sinken dramatisch, weil nicht genug für ihren Erhalt getan wird. Viele Straßen, Schienen und öffentliche Einrichtungen sind marode. Die Koalition gibt auch zu wenig Geld für Klimaschutz, gute Bildung und Betreuung aus. Das deutliche Zeichen für diese Missstände ist die nahezu stagnierende Investitionsquote im Haushalt. Nur acht bis neun Prozent der Ausgaben sind dafür reserviert.

 

Koch: Dem Bund gelingt es, seinen Haushalt zu sanieren. Viele Städte aber sind pleite. Was müsste hier passieren?

 

Kindler: Ebenfalls ein ungelöstes Problem. Die Koalition hat den Städten und Gemeinden versprochen, sie zu entlasten. Zunächst eine Milliarde Euro pro Jahr sollen die Kommunen aus dem Bundeshaushalt für die Eingliederung behinderter Menschen erhalten. Dieses Versprechen brechen Union und SPD jetzt. Im Bundeshaushalt 2014 fehlt diese Milliarde. Un die echte Entlastung um fünf Milliarden verschiebt die Koalition auf 2018, in die nächste Legislaturperiode.

 

Bio-Kasten

Sven-Christian Kindler (29), grüner Bundestagsabgeordneter aus Hannover, hat Betriebswirtschaft studiert und ist Sprecher seiner Fraktion für Haushaltspolitik.

 

Info-Kasten

Bundeshaushalt

Den Bundeshaushalt für 2014 und die Finanzplanung bis 2018 beschließt das Bundeskabinett an diesem Mittwoch. Nach einer Mini-Neuverschuldung von 6,5 Milliarden Euro in diesem Jahr, sollen dann bis zum Ende der Legislaturperiode keine zusätzlichen Schulden mehr hinzukommen. Allerdings will die Regierung die alten Kredite auch nicht verringern, sondern pro Jahr knapp sechs Milliarden Euro in „prioritäre Maßnahmen“ wie zusätzliche Forschungs-, Bildungs- und Infrastrukturvorhaben investieren. Debatten gibt es gegenwärtig darüber, ob die Koalition entgegen ihrer Planung doch noch eine Steuerreform zugunsten kleiner und mittlerer Einkommen versucht, und ob das Kindergeld leicht steigt.

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