Schmutzige Wäsche

Kleidung ist oft mit giftigen Chemikalien belastet. Was können Verbraucher tun?

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Von Hanna Gersmann

02. Mär. 2014 –

Rund 7000 Chemikalien werden in der Textilproduktion verwendet. Die einen schützen vor Nässe, die anderen vor Schimmel, sie garantieren leuchtende Farben oder einen weichen Flausch. Nicht alle sind bedenklich, manche aber schon. Das hat die Umweltorganisation Greenpeace in den letzten Monaten gezeigt.

Sie testet nach und nach Schuhe, Shirts oder Badenanzüge auf bedenkliche Stoffe, insgesamt waren das mehrere hundert Kleidungsstücke. Sie fanden Chemikalien wie perfluorierte Chemikalien, Phthalate oder Nonylphenolethoxylate. Dem Laien sagen die Namen wenig, die Umweltexperten aber warnen vor ihnen.

Beispiel Out-Door-Klamotten. Sie sind atmungsaktiv, wind- und wasserfest, oft dank einer Menge Chemie. Erst im Dezember brachten die Umweltschützer Jacken und Handschuhe ins Labor. Die Tester wiesen in allen Produkten - egal ob von The North Face oder Patagonia, von Adidas oder Salewa – etwa per- und polyfluorierte Chemikalien nach. Diese sogenannten PFC sorgen dafür, dass Wasser und Schmutz von der Kleidung abperlen. Doch sie werden in der Umwelt kaum abgebaut. Sie finden sich rund um den Globus wieder, auch im Trinkwasser und im Blut des Menschen.

 

Einige PFC können, so warnt Manfred Santen, der Chemiexperte von Greenpeace, das Immunsystem und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Schilddrüsenerkrankungen führen. Dabei gebe es Alternativen: Jacken mit PFC-freien Membranen oder Imprägnierungen aus Polyester und Polyurethan. Auch sie hielten einem Wolkenbruch stand. Santen rät: „Vor dem Kauf sollten Verbraucher prüfen, ob sie eine Jacke für den Gipfelsturm oder den Spaziergang benötigen. Die schadstofffreien Jacken genügen fast immer."

 

Schwieriger wird es bei den Kleidern für die Kleinen. Im Januar nahmen die Umweltschützer billige Marken wie Primark, aber auch teurere wie Burberry unter die Lupe. In allen Proben fanden sich giftige Chemikalien. Der Aufdruck auf einem Kinder-T-Shirt von Primark enthielt elf Prozent Weichmacher, in einem Baby-Body waren 0,6 Prozent. Diese sogenannten Phtalate gelten als schädigend für die Fortpflanzung. Beide Werte wären unter EU-Recht für Kinderspielzeug verboten - die Regelung greift aber nicht für Kleidung, auch nicht für die Kleinsten.

 

Santen sagt: „Es gibt keinen Unterschied zwischen billig oder teuer, zwischen Kleidung für Kinder und der Mode für Erwachsene auch nicht.“ Als er und seine Kollegen im Februar auch noch Kindersachen von Luxusmarken wie Versace, Louis Vuitton und Dior testeten, fanden sie wieder in allen Produkten bedenkliche Substanzen. Nur Trussardi machte eine Ausnahme.

 

Mit welchen Chemikalien Kleidung behandelt wurde, kann man nicht sehen oder fühlen. Greenpeaceexperte Manfred Santen rät: „Auf T-Shirts mit großem Plastik-Aufdruck verzichten!“ Sein Tipp Nummer 2: „Kleidung vor dem ersten Tragen waschen!“ Rieche das Produkt künstlich, solle man lieber ganz die Finger davon lassen. Dann empfiehlt er noch: „Am besten auf Ökosiegel achten, etwa vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft IVN oder vom Global Organic Textile Standard Gots!“ Hersteller der gelabelten Produkte verzichteten auf giftige Chemie.

 

Allerdings meint der Chemiexperte auch, dass es zwar mal einen Ausreißer bei den Billigprodukten gebe, die „Stoffe in der gemessenen Konzentration nach heutigem Stand des Wissens aber nicht gesundheitsgefährdend“ seien. Ihn treibt vielmehr um, dass die vielen bedenklichen Chemikalien in den Produktionsländern die Umwelt belasten. Santen: „In China erkennt man an der Farbe der Flüsse, ob Gelb oder grün der Modehit in Europa ist.“

 

Randolf Brehler ist Professor für Allergologie, Berufsdermatologie und Umweltmedizin am Universitätsklinikum Münster. Er sagt: „Bedenkliche Substanzen haben nichts auf der Haut zu suchen.“ Textilfarben zum Beispiel könnten zu einem allergischen Kontaktekzem führen. Und bei vielen Chemikalien seien die Langzeitwirkungen auf die Gesundheit des Menschen noch fraglich. Brehler macht auch keinen Unterschied zwischen Kindern und Erwachsenen. „Alle Verbraucher sollten auf schadstoffarme Bekleidung achten“, sagt er. Vor allem aber fordert die Hersteller auf, bedenkliche Stoffe „auszutauschen oder zumindest zu minimieren“.

 

Kasten: Was machen die Firmen gegen Gifte?

Auf Anfrage betont zum Beispiel The North Face, dass sie alle Grenzwerte einhalten. Sie würden aber mit ihren Partner in der Industrie eng zusammenarbeiten, um „innovative Lösungen“ zu finden. Adidas-Sprecher Oliver Brüggen sagt das ähnlich: Zur fortgesetzten Reduzierung und Eliminierung von als bedenklich eingestuften chemischen Substanzen in unseren Produkten sowie bei deren Herstellung arbeiten wir intensiv mit Materiallieferanten und Vertretern der chemischen Industrie zusammen.“Auch Primark erklärt, das Unternehmen wisse „um die Notwendigkeit, das Regelwerk zum Chemieeinsatz unter Berücksichtigung der branchenweiten Best Practices weiterzuentwickeln.“ Greenpeace macht mit seiner Detox-Kampagne Druck, mit der Textilfirmen bewegt werden sollen, giftige Chemie zu ersetzen. Bisher haben gut 20 Marken zugesagt, bis 2020 ihre Produktion in Etappen umzustellen. Darunter Adidas oder Burberry, seit neuestem auch Primark.

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